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Geldanlage
8 Minuten

Zwei goldene Dekaden

- Simon Jäger

Seit gut 20 Jahren nutzen wir Gold in unseren gemischten Portfolios. Seither ist der Preis massiv gestiegen. Welche Funktion das Edelmetall für Anlegerinnen und Anleger hat – damals und heute.

Gold ist Geld, heißt es. Die Währung der letzten Instanz, die ihren Wert auch dann erhält (oder sogar steigert), wenn im Finanzsystem gar nichts mehr geht. Seit rund 20 Jahren ist das Edelmetall ein wichtiger Bestandteil unserer Anlagestrategie. Und tatsächlich hat sich der Goldpreis seit unserem Einstieg Ende 2003 vervielfacht (vgl. Grafik). Der genauere Blick zeigt aber, dass es nicht immer nur nach oben ging. Preisschwankungen und Rücksetzer gehören zu Goldanlagen dazu. Zudem stagnierte der Goldpreis nach einem steilen Anstieg bis 2011 über mehrere Jahre.

Dennoch blieb das Edelmetall ein fester Bestandteil der von uns verantworteten Portfolios. Es ist unsere Versicherung gegen die Krisen eines fragilen Finanzsystems. Es ist eine strategische Position – also ein langfristiges Investment. Ein Rückblick zeigt, dass diese Rechnung aufgegangen ist. Als wir im Jahr 2003 zum ersten Mal Gold in unsere Anlagestrategie aufgenommen haben, war unser Beweggrund ein völlig anderer als heute. Damals spielte der Versicherungsaspekt des Edelmetalls noch eine untergeordnete Rolle.

Vor allem die wachsende Kaufkraft der Menschen in goldaffinen Nationen wie Indien und China war unser Anlagemotiv. Gold sahen wir als Globalisierungsgewinner. Wenn der Wohlstand wächst, steigt die Nachfrage, sei es für Brautschmuck oder Münzen und Barren. Zudem erschien uns das Edelmetall zu dieser Zeit überaus günstig bewertet. Ein ideales Umfeld für steigende Preise.

Gold als Globalisierungsgewinner

Erst 1971 war der Goldpreis freigegeben worden. Zuvor war er aufgrund des geltenden Goldstandards an den US-Dollar gekoppelt und auf 35 US-Dollar je Unze fixiert gewesen. Nun pendelte er sich zunächst bei etwa 100 US-Dollar pro Feinunze ein, schnellte aber bereits im Dezember 1974 im Zuge der ersten Ölpreiskrise (die US-Inflation erreichte damals zeitweise zwölf Prozent) rasant auf 190 US-Dollar hoch.

In der zweiten Ölpreiskrise, die Ende 1979 begann, und die US-Inflation auf 14,6 Prozent beförderte, schnellte der Goldpreis Anfang 1980 in der Spitze auf mehr als 800 US-Dollar hinauf. Nachdem es aber gelungen war, die hohe Inflation durch noch höhere Leitzinsen zu bekämpfen, war es mit der Gold-Euphorie dann rasch wieder vorbei. Und über zwei Jahrzehnte zählte Gold zu den schlechtesten Anlagen überhaupt. Gold-Bären verwiesen gerne und regelmäßig darauf, dass Gold nicht nur ein schwieriges und stark schwankendes Investment sei, sondern auch keine Zinsen beschere.

Ende 2003, als wir erstmals dazu geraten hatten, Gold in gemischte Portfolios aufzunehmen, war der Goldpreis wieder etwas angestiegen und stand zum Jahreswechsel bei etwa 300 Euro (beziehungsweise bei 347 US-Dollar). Wir sahen Potenzial. So kam damals 80 Prozent der Goldnachfrage von der Schmuckindustrie – heute sind es nur noch gut 50 Prozent. Damals wie heute lag der größte Absatzmarkt in Indien. Aufgrund des zunehmenden Wohlstands in den Wachstumsmärkten stieg damals vor allem der Absatz in China enorm. Dieser Markt ist inzwischen die Nummer zwei bei der Goldschmucknachfrage weltweit.

Wir sahen Gold also auch als Globalisierungsgewinner und strebten in den Multi-Asset-Portfolios unserer Privatkunden eine Goldposition von etwa fünf Prozent des Vermögens an. Von 2003 bis Mitte 2006 war der Goldpreis, in US-Dollar gerechnet, dann tatsächlich nahezu ohne Unterbrechung gestiegen. Das nominale Bruttoinlandsprodukt von China und Indien hatte sich im selben Zeitraum von umgerechnet 2,3 Billionen auf gut 4,8 Billionen US-Dollar mehr als verdoppelt.

Doch 2008 brach der Goldpreis um 20 Prozent ein. Denn jetzt stagnierte dort im Zuge der sich anbahnenden Großen Finanzkrise die Nachfrage. Die Frage kam auf, ob man Gold nicht besser veräußere – wir stockten stattdessen auf.

Gold in einem fragilen Finanzsystem

Für uns trat der Globalisierungsgewinn als Kaufmotiv in dieser Phase in den Hintergrund. Der Sicherheitsgedanke rückte nun an die erste Stelle. Die Welt hatte sich gewandelt: „Für viele Anleger waren die letzten Monate die größte emotionale Herausforderung ihres Investorenlebens,“ so begann unser Kapitalmarktbericht zum Ende des dritten Quartals 2007.

„Lange Menschenschlangen und Rangeleien besorgter Sparer vor den Türen der britischen Hypothekenbank Northern Rock, die in Turbulenzen geraten ist, und große Menschentrauben vor den Filialen des Münchner Edelmetallhändlers Pro Aurum, weil einzig Gold als sichere Währung gilt.“ Tatsächlich machten ab 2007 Zuwächse beim Anlagegold den Rückgang der Schmucknachfrage mehr als wett. Dabei legte zunächst der Verkauf von Barren und Münzen zu, später stieg auch der Bedarf des Edelmetalls, das die ab 2003 zugelassenen börsengehandelten Indexprodukte (ETC) hinterlegt hatten.

Und so hatte der Goldpreis Ende 2007 ein 27-Jahres-Hoch von gut 800 US-Dollar erreicht. „Wenn alles gut läuft, wird der Goldpreis in den nächsten Jahren die Marke von 1.000 US-Dollar die Unze übersteigen. Wenn alles schlecht läuft, werden es mehrere Tausend US-Dollar sein,“ prognostizierte Bert Flossbach damals. Der Goldpreis durchbrach die 1.000 US-Dollar-Marke erstmals am 13. März 2008. Zuvor waren einige Finanzaktien stark unter Druck geraten. Wenige Monate später erlebten die Finanzmärkte eine Zäsur wie in den 1930er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Chart: Goldpreis in US-Dollar je Unze seit dem 1.1.2003

Bald wurde klar: Selbst große Finanzinstitute konnten binnen Stunden in die Insolvenz gehen. Nach der Pleite des US-Investmenthauses Lehman Brothers am 15. September 2008 mussten auch bei uns Banken gerettet werden und am 5. Oktober sprachen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück eine politische Garantie für alle Konto-, Spar- und Terminguthaben von Privatpersonen in unbegrenzter Höhe aus.

Zum Ende der Großen Finanzkrise, im Dezember 2009, stand der Goldpreis schließlich bei 1.226 US-Dollar. Der Preis war acht Jahre in Folge gestiegen, wobei es mehrere heftige Korrekturphasen gegeben hatte. Wir hatten unsere Position aufgestockt – und das Anlagevehikel verändert: Hatten wir ab 2003 zunächst noch teils währungsbesicherte Goldzertifikate genutzt, sind wir seit etwa 2007 auch in physische Barren und Münzen investiert. Je nach Marktlage stockten wir diese Position auf. In für Gold guten Zeiten nutzten wir zudem die Aktien von Minengesellschaften, die oft mit dem Anstieg des Goldpreises erheblich stärker stiegen, jedoch auch entsprechend schneller fallen konnten, sobald sich das Blatt wendete. Zudem nutzen wir mit realem Gold hinterlegte ETCs. Je nach Anlagestrategie können der Anteil und die Form der Goldanlagen variieren.

Gold als Vermögenssicherung im Zinstief...

Kaum schienen die Sorgen der Finanzkrise gelöst, begann im Euroraum die Schuldenkrise. Um Banken zu retten, hatten Staaten wie Irland neue Schulden in teils enormer Höhe in Kauf genommen. Die Notenbanken hatten den Zins zwar nahezu verschwinden lassen. Dennoch musste Griechenland im April 2010 um Hilfe ersuchen. 110 Milliarden Euro wurden für ein erstes Rettungspaket bereitgestellt (weitere sollten folgen) – und eine Pleite verhindert.

Doch die Währungsunion hatte alle Regeln gebrochen und wichtige Prinzipien über Bord geworfen. Staatsanleihen waren durch die EZB aufgekauft worden und eine länderübergreifende Schuldenhaftung war initiiert worden. In der sich nun anbahnenden Eurokrise drohte der Euro auseinanderzubrechen.

Doch beim Goldpreis ging es weiter steil nach oben – bis er 2011 ein neues Hoch bei 1.900 US-Dollar erreicht hatte. Denn durch den Wegfall von Zinsen war nach der Großen Finanzkrise das wichtigste Gegenargument der Gold-Bären entfallen. Und so wurde Gold zu einer Vermögensversicherung mit Wertsteigerungspotenzial. In der großen Finanzkrise war zwar die Nachfrage der Schmuckindustrie zurückgegangen. Doch der Bestand an Anlagegold war gestiegen. Zudem verkauften immer weniger westliche Notenbanken ihre Bestände. Und ab 2009 begannen die Notenbanken von Wachstumsmärkten wie China, Russland und Indien, Goldpositionen aufzubauen. So waren die Notenbanken von Nettoverkäufern zu Nettokäufern auf dem Goldmarkt geworden.

... und als Währung der letzten Instanz

Nach der Finanzkrise 2008 und der Staatsschuldenexplosion war aus unserer Sicht ein weiterer Grund für die Aufnahme von Gold in ein sinnvoll diversifiziertes Portfolio hinzugekommen – der Schutz vor einer möglichen Krise des bestehenden Geld- und Finanzsystems. Denn weltweit waren die Schulden gestiegen. Ihnen standen Forderungen in gleicher Höhe gegenüber. Das machte die Welt riskanter. Analog zur US-Hypothekenkrise könnte die Werthaltigkeit der Schulden zum Problem werden.

Dann ist Gold das eigentliche Geld der letzten Instanz. Bereits 3.000 Jahre vor der Gründung der ersten Notenbank hatte Gold diesen Charakter inne. Es bietet einen Schutz vor hoher Inflation, sichert Portfolios aber auch in Phasen einer ausgeprägten Deflation ab, also in Phasen, die hochverschuldete Staaten in die Insolvenz führen würden.

Doch trotz enorm hoher Schulden und immer weiter ausgedehnter Notenbankbilanzen blieb die Inflation (zunächst) aus. Und so kam der Goldkurs etwas zurück und stagnierte – über viele Jahre. Die Sinnhaftigkeit einer Anlage in Gold wurde damals angesichts steigender Preise für Anleihen und Aktien immer wieder infrage gestellt.

Doch angesichts der fast verzweifelt werdenden Notenbankpolitik und der damit verbundenen Gefahr des Vertrauensverlustes in das Geld- und Finanzsystem war die Lage fragil. Und Gold war ein Rettungsschirm für den Fall einer Notlandung der Europäischen Zentralbank (EZB), der Bank of Japan (BoJ) und der US-amerikanischen Federal Reserve Bank (Fed). Es ist wie eine Versicherung, für die man Jahr für Jahr Prämie zahlt und hofft, dass man diesen Versicherungsschutz nie braucht.

Und der Erfolg? – Als nicht beliebig vermehrbare, hochliquide und global anerkannte Währung der letzten Instanz ist Gold ein dem Giralgeld überlegenes Wertaufbewahrungsmittel. Dies zeigt die Entwicklung des Goldwertes, also eines Dollars, beziehungsweise eines Euros und wie viel Gold man dafür jeweils bekommen hat.

1999 waren es für Euro-Anleger 0,12 Gramm, für US-Dollar-Anleger knapp 0,11 Gramm, heute sind es jeweils knapp 0,02 Gramm. Auch im Zinstief waren wir daher sicher: Langfristig sollte man von Gold nicht mehr erwarten als den realen Erhalt des Vermögens, aber eben auch nicht weniger.

Gold bietet Inflationsschutz

Auch wenn Gold oft als Krisenmetall bezeichnet wird, ist dies nicht der primäre Sinn der „Zusatzversicherung“ Gold für ein Portfolio. Gold ist vielmehr die Währung der letzten Instanz, die zwar keine Zinsen bringt, aber langfristig gegenüber Papiergeld aufwertet.

So erreichte der Goldpreis etwa zu Beginn der Corona-Pandemie zwar zunächst ein neues Hoch, doch dann korrigierte er zweistellig. Dieses Phänomen war uns bereits aus der großen Finanzkrise bekannt. Denn in einer Krise fehlt es manchen Marktteilnehmern an Liquidität und so werden oft Goldbestände reduziert, um Zahlungsverpflichtungen nachzukommen.

Vor allem die zu erwartenden Folgen der Corona-Krise dürften den Preis danach wieder nach oben befördert haben; insbesondere die Liquiditätsschwemme der Notenbanken, die das Thema Inflation wieder am Horizont auftauchen ließen. Als dann die Inflation im Sommer 2022 in den USA zweistellig wurde, erhöhten wir wieder den Goldanteil, der zuvor über Jahre bei etwa zehn Prozent gelegen hatte.

Denn Gold ist und bleibt eine Anlage, die vor allem eine Funktion erfüllt, Inflationsschutz. Wenn Sie heute 10-jährige, inflationsgeschützte US-amerikanische Staatsanleihen (Treasuries) kaufen, dann sind momentan zwei Prozent Realzins garantiert. Vor zwei Jahren war es minus ein Prozent. Das ist zwar ein gewaltiger Unterschied – der Realzins ist in dieser Zeit um drei Prozentpunkte gestiegen. Trotzdem ist in dieser Zeit der Goldpreis nicht gefallen. Das ist ungewöhnlich und wurde früher noch nie beobachtet.

Während zuletzt das Vertrauen gegenüber dem Fiatgeld litt und teilweise selbst der US-Dollar als Weltreservewährung infrage gestellt wurde, stieg die Nachfrage nach Gold als Alternative seitens der Notenbanken. Auch für uns bleibt Gold eine Art Absicherung, die letztlich auf Inflation ausgerichtet ist. Denn Inflation ist das, was den Goldpreis seit nunmehr rund 5.000 Jahren anschiebt.

Über den Autor:
Simon Jäger ist Portfolio Manager bei der Flossbach von Storch AG in Köln.­

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