Die Menschen werden immer älter – das ist gut so. Für die sozialen Sicherungssysteme, insbesondere die Rentenkasse, dürfte das aber zum Problem werden.
Schon heute sind die Sozialausgaben in Deutschland auf einem historischen Höchststand. Aus dem Entwurf des neuen Sozialberichts der Bundesregierung geht hervor, dass die sogenannte Sozialleistungsquote im Jahr 2020 inzwischen 33,6 Prozent beträgt und damit um 2,8 Prozentpunkte höher liegt als im Krisenjahr 2009. Damit lenkte der Staat zuletzt mehr als ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung oder rund 1,2 Billionen Euro in Sozialleistungen.
Natürlich ist ein Teil des Anstiegs auch auf die Sonderbelastungen der Pandemie zurückzuführen. Bemerkenswert ist aber, dass der Anteil der Sozialleistungen am BIP gemäß den Planungen der Bundesregierung im Jahr 2025 mit 32 Prozent kaum niedriger liegen soll als im Krisenjahr 2020 (zum Vergleich: Nach der Wiedervereinigung lag der Anteil noch bei 25 Prozent).
Verantwortlich für den Trend zu immer höheren Sozialbudgets sind vor allem steigende Ausgaben für die Rente und die Krankenversicherung. Hier macht sich die demografische Entwicklung bemerkbar, denn die Baby-Boomer der Jahrgänge 1955 bis 1969 gehen nun allmählich in Rente und mutieren damit von Einzahlern zu Empfängern von Sozialleistungen.
Eine Lösung dieses unmittelbar vor uns stehenden Problems ist nicht einfach. Die Senkung der Leistungen ist politisch kaum durchsetzbar. Das Gleiche gilt für eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters. Also bleiben nur höhere Sozialversicherungsbeiträge, arbeitgeberfinanzierte Leistungen und/oder höhere Zuschüsse aus der Staatskasse. Letzteres gilt auch für die Beamtenpensionen, die komplett aus Steuermitteln finanziert werden.
Nach unseren Berechnungen finanzierten im Jahr 1965 im früheren Bundesgebiet noch 5,5 Beitragszahler einen Altersrentenbezieher. 1992, also kurz nach der Wiedervereinigung waren es 2,7 Beitragszahler und 2005 nur noch 2,1 je Rentner. Bis 2019 ist die Quote dann in etwa konstant geblieben, weil es zu einem starken Zuwachs an beitragszahlenden Beschäftigten kam. Dieser basierte auf einer Traumkonstellation aus starkem Wirtschaftswachstum, fallender Arbeitslosigkeit, einer deutlich steigenden Erwerbsquote bei Frauen und einem hohen Anteil (noch) erwerbstätiger Baby-Boomer.
Zukünftig wird das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern aber deutlich fallen. Eine gute Indikation für die weitere Entwicklung ist der Altersquotient, das heißt die Anzahl der über 65-Jährigen im Vergleich zu den Personen im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre). Im Jahr 2000 kamen 27 Personen ab 65 Jahren auf 100 Personen im erwerbsfähigen Alter. Im Jahr 2015 waren es bereits 35. Anfang der 2030er Jahre werden es mehr als 50 sein. Auf zwei Menschen im erwerbsfähigen Alter, von denen längst nicht alle erwerbstätig sind, kommt also ein Rentner.
Um eine massive Umverteilung in der gesetzlichen Rentenversicherung zu vermeiden, die die Jungen überlasten oder die Rentner verarmen lassen würde, hilft es auch nicht, Selbstständige und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, da damit neue Leistungen oder höhere Personalkosten für den Staat verbunden wären.
Wenn das Versorgungsniveau nicht fallen oder die Beitragssätze nicht stark steigen sollen, werden die Bundeszuschüsse von zuletzt 101,8 Milliarden Euro also deutlich steigen müssen. Ein Anfang Mai veröffentlichtes Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie kommt zu dem Ergebnis, dass 2045 – bei unverändertem Versorgungsniveau und gleichen Beitragssätzen – zusätzliche Bundeszuschüsse in Höhe von 23 Prozent des Haushalts in die Rentenversicherung notwendig würden.
Dann würde etwa die Hälfte des Haushalts für die Stützung der Rente draufgehen, was einen Rentenzuschuss von 185 Milliarden Euro bedeuten würde, in Preisen von heute wohlbemerkt. Die Vorstellung ausgeglichener Staatshaushalte erscheint vor diesem Hintergrund illusorisch.
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