Seit einem Jahr möchten die Notenbanken die Folgen der Coronavirus-Pandemie mit einer ultraexpansiven Geldpolitik abfedern. Eine Zwischenbilanz.
Als die chinesische Regierung im Januar 2020 Wuhan in den Lockdown versetzte, schien die Pandemie aus westlicher Sicht noch in weiter Ferne. Rund einen Monat später, am 21. Februar 2020, wurde in der Lombardei dann der erste positive Corona-Fall Italiens bestätigt.
Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. An den Kapitalmärkten wurde die gestiegene Unsicherheit unverzüglich eingepreist – und bereits am 28. Februar trat Jerome Powell, der Vorsitzende der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), erstmals vor die Mikrofone der Weltpresse. Seine Botschaft: Die Geldpolitik sei dazu bereit, „unmittelbar und entschlossen“ zu reagieren. Am 2. März zog Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), nach und veröffentlichte ebenfalls eine außerordentliche Stellungnahme, in der sie erklärte, bei Bedarf „angemessene und gezielte Maßnahmen“ zu ergreifen.
Etwa ein Jahr ist nun seit diesen Ereignissen vergangen. Die Welt hat sich seither stark verändert und mit ihr die Geldpolitik. Dabei hat sich das Verhaltensmuster der Notenbanken seit der Finanzkrise im Jahr 2008 nicht grundlegend geändert – gibt es Schwierigkeiten, sind sie zur Stelle! Einen Unterschied zu früheren Krisen lässt sich seit dem Jahr 2020 aber dennoch ausfindig machen: Die Handlungsschnelligkeit und der Umfang, mit denen die Notenbanken auf die sich anbahnende Corona-Krise reagierten, haben zweifelsfrei neue Maßstäbe gesetzt.
Als Mitte März vergangenen Jahres mehrere europäische Staaten einen ersten Lockdown verhängt und die USA am 13. März 2020 den nationalen Notstand ausgerufen hatten, war bereits nach wenigen Tagen das Fundament für die gigantischsten Notenbankmaßnahmen aller Zeiten gelegt:
In der Folgezeit kam es noch zu diversen Programmanpassungen und Aufstockungen. Doch schon nach wenigen Tagen hatten die „Retter der letzten Instanz“ ihrem Ruf alle Ehre gemacht. Das Ergebnis dieser Entwicklungen ist zwar bekannt, dürfte den Eindruck der neuen Größenordnungen allerdings kaum schmälern.
Immer höhere Staatsschulden erfordern – zumindest ohne Inflations- und Wachstumsraten, die sich nachhaltig auf einem höheren Niveau einpendeln – dauerhaft tiefe Zinsen. Andernfalls wäre eine Schieflage der Staatsfinanzen vorprogrammiert. Der Geldpolitik wird in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zuteil. Ihr Mandat konzentriert sich zum einen auf die Preisstabilität, die gemeinhin als ein Inflationsziel von zwei Prozent definiert wird. Weil dieses Ziel vielerorts seit Jahren verfehlt wurde, fiel die Rechtfertigung expansivster Maßnahmen in der Vergangenheit vergleichsweise leicht.
Ein weiteres Ziel ihres Mandats sehen viele Notenbanken aber auch in der Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Selbst wenn rund um den Globus und zeitnah die Inflation leicht anziehen sollte, muss dies keineswegs das sofortige Ende oder gar eine Rückabwicklung der ultraexpansiven Maßnahmen bedeuten. Das Risiko, eine wirtschaftliche Erholung im Keim zu ersticken, werden die Notenbanker angesichts des jüngsten Wirtschaftseinbruchs kaum eingehen wollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Erholung am Arbeitsmarkt zunächst von der Seitenlinie aus beobachten werden, ist also hoch.
Und so dürften die Notenbanken auch im zweiten Jahr nach Beginn der pandemiebedingten Interventionen ihre Geldpolitik unbeirrt fortsetzen – den ersten zarten Pflänzchen steigender Inflationsraten zum Trotz.
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