Die Renditen vieler Zinspapiere sind wenig attraktiv – und auch zur Risikostreuung taugen Anleihen immer weniger.
Unlängst bewarb ein Plakat in der Schweiz ein lokales gemischtes Anlageprodukt mit dem Slogan, „Diversifikation schützt Sie vor großen Verwerfungen“. Ich habe empfohlen, es wegzuwerfen.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Diversifikation – also die Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Anlageklassen, Einzeltitel, Regionen, Branchen und Währungsräume – zählt zu den Leitlinien unserer Anlagestrategie. Ihr Zweck ist es, durch eine breite Streuung mögliche Einzelrisiken in der Geldanlage zu reduzieren.
Doch die Anlagewelt hat sich radikal verändert. Klassische Unternehmensanleihen schützen ein Portfolio nicht mehr für den Fall, dass es auf den Aktienmärkten etwas ruppiger zugeht. Das zeigt exemplarisch der Kurseinbruch bei Unternehmensanleihen vom März 2020, als deren Risikoprämien im Durchschnitt um etwa 2,5 Prozentpunkte stiegen.
Selbst eine langlaufende Anleihe von Microsoft, einem Unternehmen, das nun wahrlich über hohe Cash-Reserven in den Bilanzen verfügt und deren Bonität von Ratingagenturen als sehr hoch (AAA) eingestuft wurde, musste in der Zeit, als der globale Aktienindex MSCI World 40 Prozent verlor, einen kräftigen temporären Kurseinbruch hinnehmen.
Zehnjährige US-Staatsanleihen, mit etwas schlechterem Rating (AA), hielten sich zwar etwas besser, doch die erhoffte negative Korrelation zu den Aktienmärkten blieb auch hier aus.
Das heißt natürlich nicht, dass es sich in einem Crash nicht lohnen kann, auch Unternehmensanleihen zu kaufen. Als im März 2020 die Risikoaufschläge stiegen, haben wir so manches Mal die Anleihen eines Unternehmens seinen Aktien vorgezogen.
Wer Kursdiversikation sucht, der ist bei Sparplänen gut aufgehoben. Denn hier ist Kursdiversifikation bereits systeminhärent. Ein Sparplan macht aber natürlich nur dann Sinn, wenn die gewählten Produkte Renditepotenziale aufweisen, die ausreichen, um nach Steuern und Gebühren eine positive Realrendite zu erzielen. Defensive Produkte können das dauerhaft wohl nicht bieten.
In einem Umfeld mit tiefen Zinsen, die dauerhaft tief bleiben (müssen) sowie einem dauerhaft hohem Inflationsniveau, müssen sich langfristig ausgerichtete Anlegerinnen und Anleger bewegen, wenn sie ihr Vermögen mehren, aber auch wenn sie es erhalten wollen. Und vielleicht werden wir 2030 sagen, dass auch der deutsche Anleger in dieser Situation angeschubst wurde, in Aktien zu investieren.
Und derjenige, der vor Jahren mit einem defensiven Depot den ersten Schritt gemacht hat, wird um den zweiten und dritten Schritt nicht herumkommen.
Verschiedene Fachbegriffe aus der Welt der Finanzen finden Sie in unserem Glossar erklärt.
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