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Das Warten hat (k)ein Ende

- Julian Marx

Bereits im Dezember 2023 äußerte US-Notenbankpräsident Jerome Powell leise Hoffnungen auf Leitzinssenkungen. Seither war Geduld gefragt. Und jetzt?

Die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten werden als Auslöser für zeitweise heftige Verluste am US-Aktienmarkt gewertet. Rezessionssorgen gerieten wieder stärker in den Fokus. Wie wird die amerikanische Federal Reserve Bank (Fed) reagieren? Ist nun mit sinkenden US-Zinsen zu rechnen?

Tatsächlich zeigte sich ein Hoffnungsschimmer. Fed-Chef Jerome Powell rückte unlängst das duale Mandat der Notenbank wieder stärker in den Fokus: „Die Risiken für die Erreichung des Beschäftigungs- und Inflationsziels bewegen sich fortwährend in ein besseres Gleichgewicht“, sagte Powell. Auch betonte er nochmals, dass man sowohl die Aufwärts- als auch die Abwärtsrisiken für das duale Mandat im Blick habe.

Leider äußern sich Notenbanker eher kryptisch. Bemerkenswert ist dennoch, dass der zeitweise fast ausschließliche Fokus der US-Geldpolitik auf zu hohe Inflationsraten weiter aufweicht, während das Management einer möglichst „weichen Landung“ zunehmend an Bedeutung zu gewinnen scheint. Hat doch die US-Notenbank grundsätzlich nicht nur die Aufgabe, für stabile Preise zu sorgen. Sie muss auch Entwicklungen am Arbeitsmarkt berücksichtigen. Letztlich entscheidet sie aber nach Datenlage.

„Starker“ US-Arbeitsmarkt

Und hier zeigt ein Blick auf den US-Arbeitsmarkt bislang kaum Alarmsignale. Die Fed stuft ihn derzeit sogar als „stark, aber nicht (länger) als überhitzt“ ein. Auch aus unserer Sicht zeigen sich zuletzt vor allem Normalisierungstendenzen:

  • Die US-Arbeitslosenquote stieg zwar von 3,7 Prozent zu Jahresbeginn auf 4,3 Prozent im Juli an. Damit sehen wir eine negative Dynamik am Arbeitsmarkt, die aber noch kein Rezessionsindikator sein muss.
  • Dieser Abkühlungsprozess ist (in seinem bisherigen Ausmaß) sogar durchaus gewünscht. Seit gut zwei Jahren arbeitet die Fed mit Blick auf die (Inflations-)Zielerreichung darauf hin. Einen ersten Etappenerfolg stellen in diesem Zusammenhang positive Tendenzen bei der zurückliegenden Lohnentwicklung dar. Die US-Stundenlöhne stiegen im Juli um 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, womit sich das Lohnwachstum verringert hat. Im Durchschnitt des Jahres 2023 waren es noch 4,5 Prozent – ein Niveau, das für ein nachhaltiges Erreichen des Zwei-Prozent-Inflationsziels als zu hoch gilt.
  • Gleichzeitig spricht die hohe Arbeitsmarktpartizipation der 25- bis 54-Jährigen weiter für ein sehr ordentliches Angebot an Arbeitskräften. Mit zuletzt 84,0 Prozent bewegt sich die Partizipationsrate dieser Alterskohorte – also der Anteil der Personen, die erwerbstätig oder arbeitssuchend sind – nahe ihrer Allzeithochs, die um die Jahrtausendwende markiert wurden. Diese Größe relativiert zudem die leicht gestiegene Arbeitslosenquote.

Stabile Inflationslage

Zeitgleich hat der Inflationsdruck abgenommen:

  • Die US-Inflation lag im Juni – gemessen am PCE-Preisindex – bei 2,5 Prozent und stagnierte damit weitgehend im bisherigen Jahresverlauf. Auch zu Jahresbeginn wurde dieser Wert gemessen.
  • Damit sind zuletzt zwar keine kurzfristigen, sichtbaren Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung zu verzeichnen. Zuversichtlich stimmt dennoch, dass die oben erwähnte abnehmende Dynamik bei der Lohnentwicklung in den kommenden Quartalen zu einer nachhaltigen Inflationszielerreichung beitragen kann.

Neuer alter Fokus auf dualem Mandat

Unterm Strich gibt die Kombination aus den noch immer erhöhten, aber deutlich gesunkenen Inflationsraten und dem sich abkühlenden Arbeitsmarkt der US-Notenbank also den Spielraum, ihre Schwerpunktsetzung neu zu kalibrieren. Dominierte über nunmehr zwei Jahre das Preisstabilitätsziel die Geldpolitik, können wieder Inflations- und Beschäftigungsziel gleichermaßen im Fokus stehen.

Dies bedeutet zum jetzigen Zeitpunkt noch keinen grundlegenden Richtungswechsel. Behutsame erste Zinssenkungen sind angesichts der zurückliegenden Entwicklungen am Arbeitsmarkt nichtsdestotrotz sehr gut vorstellbar, wären aber nicht unmittelbar mit einem Ende der restriktiven Geldpolitik gleichzusetzen. Für rigorose Anpassungen der geldpolitischen Ausrichtung bräuchte es zunächst noch weitere, in den Daten sichtbare Erfolge bei der Inflationsbekämpfung und/oder eine stärkere Abkühlung der Wirtschaft.

Für den Moment erscheint uns eine mögliche US-Rezession aber vor allem ein mediales Schreckgespenst zu sein, deren Eintrittszeitpunkt in der jüngeren Vergangenheit schon so manches Mal in die Zukunft verschoben wurde.

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