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Geldanlage
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„Renaissance der Wachstumsmärkte“

Viele Emerging Markets haben sich in der jüngsten Krise resilienter gezeigt als früher, sagt Portfoliomanager Michael Altintzoglou. Ein Ausblick.

Herr Altintzoglou, Aktien aus Wachstumsmärkten haben im vergangenen Jahr schlechter abgeschnitten als Portfolios, die sich auf die USA oder Europa konzentrieren. Welche Perspektive sehen Sie für Emerging-Market-Aktien im laufenden Jahr?

Generelle Aussagen über diese stark heterogene Gruppe von Ländern zu treffen, ist schwierig. Was sich aber sagen lässt, ist, dass Emerging-Markets-Aktien nach einer jahrelangen schlechteren Wertentwicklung als beispielsweise US-Aktien heute sehr attraktiv bewertet sind. Zudem ist die Stimmungslage negativ und die Erwartungshaltung entsprechend niedrig, was zu einem besseren Chance-Risiko-Verhältnis führt.

Das klingt durchaus optimistisch. Aber wir bewegen uns in einem Umfeld mit steigenden US-Zinsen und einem starken US-Dollar. Wie schwierig war beziehungsweise ist das für die Wachstumsmärkte?

Nach den US-Zinserhöhungen gab es tatsächlich an vielen Schwellenländerbörsen zunächst hohe Kapitalabflüsse. Dies setzte aber vor allem „Frontier-Märkte“ unter Druck – also kleinere Märkte, die eine geringere Marktkapitalisierung und Liquidität als die stärker entwickelten Wachstumsmärkte haben. Etabliertere Emerging Markets wie Brasilien, Mexiko, Indien und Indonesien konnten sich hingegen vergleichsweise gut behaupten.

Das war in früheren Jahren anders. So mancher dürfte sich noch an die lateinamerikanische Zahlungskrise, an die Asien-, Russland oder Türkeikrise erinnern. Wieso können sich die größeren Emerging Markets inzwischen besser behaupten?

Fundamental sind viele dieser Märkte heute resilienter als noch vor einigen Jahren. Die Leistungsbilanzen haben sich verbessert und die Abhängigkeit von ausländischem Kapital hat sich auch durch die Entstehung einer lokalen Investorenbasis verringert.

Was würde Ihrer Meinung nach passieren, wenn sich die Situation bei den US-Zinsen, die ja inzwischen schon relativ hoch sind, im nächsten Jahr entspannen sollte?

Sollte der US-Dollar im kommenden Jahr tendenziell etwas abschwächen, so könnte dies in einer Kombination mit einer Erhöhung der Gewinnschätzungen zu einer Renaissance der Wachstumsmärkte führen.

Und welche dieser Märkte finden Sie derzeit besonders spannend?

Wir wählen Aktien nicht nach Branchen- oder Länderaspekten aus. Zwar beziehen auch wir Faktoren wie die Geld- und Fiskalpolitik , die institutionellen Rahmenbedingungen und die Währungsentwicklung des jeweiligen Landes mit in den Bewertungsprozess ein. Unser Fokus liegt aber insbesondere auf der gezielten Unternehmensauswahl. Und hier konzentrieren wir uns auch in den Emerging Markets auf wachstumsstarke Qualitätsunternehmen sowie auf erstklassige Unternehmen aus Industrienationen, die einen signifikanten Teil ihrer Geschäftsaktivitäten in den Wachstumsregionen betreiben.

Und in welchen Ländern finden Sie derzeit besonders viele dieser Qualitätsunternehmen?

Strukturell gefällt uns Indien besonders gut. Aufgrund des nach wie vor niedrigen Entwicklungsniveaus besteht für das Land in vielen Bereichen enormes Wachstumspotenzial. Zudem wird die Wirtschaft vor allem durch die Inlandsnachfrage getrieben, so dass die Abhängigkeit von der Weltwirtschaft deutlich geringer als in anderen Volkswirtschaften ist.

Der indische Aktienmarkt hat letztes Jahr im Plus abgeschlossen. Sehen sie weiter Potenzial?

Kurzfristig käme aufgrund des gestiegenen Bewertungsniveaus eine Konsolidierungsphase nicht überraschend.

Aber?

Aber der indische Aktienmarkt hat sich im letzten Jahr als sehr widerstandfähig erwiesen. Ausländische Investoren sind an den Markt zurückgekehrt. Und da sich der Immobilienmarkt nach Jahren des Abschwungs wiederbelebt hat und auch Unternehmen ihre Investitionsvorhaben vorantreiben, vergeben die Banken verstärkt Kredite. Das könnte das Wirtschaftswachstum weiter beschleunigen.

Sehen Sie das politische System dort als Vorteil an?

Wir investieren wie gesagt nur, wenn die institutionellen Rahmenbedingungen und andere Faktoren keine allzu großen Hindernisse für die Geschäftsentwicklung der Unternehmen darstellen. Das ist in Indien grundsätzlich der Fall. Vor allem aber finden wir dort viele Qualitätsunternehmen, deren Management vor allem den langfristigen Erfolg im Auge hat. Sind doch häufig die Gründerfamilien noch an Bord und unterstützen als Ankeraktionäre einen auf Nachhaltigkeit ausgelegten Kurs.

Was ist mit China?

China fällt als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt weiterhin eine Schlüsselrolle zu. Was China zudem von vielen anderen Ländern unterscheidet, ist die Tatsache, dass die aktuell drängendsten Probleme hausgemacht sind und China diese selbst angehen kann.

Und die wären?

Zum einen wäre da die fatale Zero-Covid-Strategie, bei der sich aber zuletzt eine deutliche Kehrtwende abzeichnete. Damit könnte die Wirtschaft endlich wieder Tritt fassen, auch wenn es durch ein möglicherweise überfordertes Gesundheitssystem, einen hohen Krankenstand und potenzielle Lieferkettenprobleme zunächst noch zu Einschränkungen kommen könnte.

Sie sagten „zum einen“. Gibt es weitere Probleme?

Der Immobilienmarkt, der etwa ein Viertel der Wirtschaftsleistung ausmacht. Hier hat es einige Pleiten bei Immobilienentwicklern gegeben, die Transaktionsvolumina sind eingebrochen und die Preise entwickeln sich teils rückläufig. Doch in den letzten Wochen haben Notenbank und Regierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um den Markt zu stabilisieren; auch wenn es etwas dauern kann, bis das Vertrauen zurückkehrt.

Das klingt nach vorsichtigem Optimismus. Aber es gibt in China auch einen Staatschef, der zunehmend autoritärer regiert. Hinzu kommt die Bedrohung Taiwans. Wie gehen Sie mit diesen Risiken um?

Ein wichtiger Punkt. Wir beobachten die Lage sehr genau und setzen in unseren Bewertungsmodellen aufgrund der gestiegenen politischen Risiken eine höhere Risikoprämie an. Der Fokus innerhalb der Regierung scheint sich allerdings zuletzt wieder mehr von der Politik in Richtung Wirtschaft zu verschieben. Zudem ist die Ausgangsbasis der Unternehmensgewinne, die in den letzten Quartalen unter Druck standen, verhältnismäßig niedrig und das Bewertungsniveau entsprechend tief. Unseres Erachtens besteht daher im laufenden Jahr Raum für positives Überraschungspotenzial.

Weltweit haben die geopolitischen Spannungen zugenommen. Häufig ist sogar von einer Deglobalisierung der Weltwirtschaft die Rede. Ist dieser Trend schon zu beobachten?

Ja, immer mehr Unternehmen versuchen, ihre Produktionsstandorte zu diversifizieren, um Abhängigkeiten zu verringern. Mexiko könnte aufgrund seiner geographischen Nähe zu den USA unseres Erachtens besonders von diesem „Nearshoring“- Trend profitieren.

Herr Altintzoglou, vielen Dank für das Gespräch.

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