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Märkte
8 Minuten

Donald Trump und die Inflation

- Dr. Tobias Schafföner

Die US-Amerikaner haben gewählt – mehrheitlich Donald Trump. Was das für die internationalen Kapitalmärkte bedeuten könnte.

Donald Trump hat die Wahl um die US-Präsidentschaft gewonnen – und nicht nur das. Künftig werden die Republikaner vermutlich auch die Mehrheiten in Senat und Repräsentantenhaus halten. Sechs von neun Richtern des Supreme Court, des Obersten Gerichtshofs, sind zudem von republikanischen Präsidenten (auf Lebenszeit) ernannt, der Vorsitzende Richter inklusive. Allein drei hat Donald Trump ausgewählt.

In einer Welt alternativer Fakten und einer auch medial gespaltenen Öffentlichkeit hat es in der US-Geschichte womöglich keinen Präsidenten gegeben, der mit so viel Macht ausgestattet war; zumal es innerhalb der Republikanischen Partei faktisch keine Opposition mehr zu Donald Trump gibt, kein innerparteiliches Korrektiv. Für die Welt, insbesondere für Europa, sind das vermutlich keine guten Nachrichten.

Aber was können Anlegerinnen und Anleger von „Trump reloaded“ erwarten? In seiner vorgezogenen Siegesrede hat er in der Nacht angekündigt, was er in den kommenden Jahren zu tun gedenkt: Kriege beenden, Grenzen sichern, die Inflation besiegen, Schulden zurückzahlen, gleichzeitig das US-Wachstum kräftig ankurbeln und Jobs schaffen. Er hat – fast schon erwartungsgemäß – nicht weniger als ein „Goldenes Zeitalter“ für die USA in Aussicht gestellt. Die Frage ist, was kann, was wird davon Realität werden? Ein offensichtlicher Zielkonflikt besteht zumindest im Dreiklang „Schulden zurückzahlen, Steuern senken, Inflation bekämpfen.“

Schulden, Schulden, Schulden

Im Sommer dieses Jahres haben die Schulden der US-Regierung die Marke von 35.000 Milliarden Dollar durchbrochen. Rechnet man die zwischenstaatlichen Kredite heraus, beträgt die Schuldenquote immer noch stolze 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Eine gewaltige Last für künftige Generationen, die nach geltendem Recht und gemäß den Projektionen des Congressional Budget Office weiter ansteigen dürfte. 2035 sollen die Schulden der US-Regierung diesen Berechnungen zufolge bereits bei 125 Prozent des BIP liegen. Gut möglich, dass dieser Wert nur eine Etappe ist auf dem Weg zu noch deutlich höheren Niveaus in den kommenden zehn Jahren.

Für Trump sind diese 125 Prozent sicherlich keine Obergrenze. Egal ob Steuererleichterungen für geleistete Überstunden, erhöhte Ausgaben für Grenzsicherung und Militär oder eine mögliche Reduktion der Unternehmenssteuersätze – dem „Einfallsreichtum“ zur Schuldenausweitung sind keine Grenzen gesetzt! Und so könnten die Staatsschulden bis 2035 unter Trump sogar auf 143 Prozent des BIP ansteigen, wie eine Analyse des „Committee for a Responsible Federal Budget“ aufzeigt. Zugegebenermaßen sind derartige Projektionen mit einem hohen Maß an Unsicherheit behaftet, wie auch die Studienautoren schreiben. Der Trend ist aber eindeutig: Der Schuldenberg der USA dürfte in den nächsten Jahren eher wachsen als abgetragen werden.

Staatsausgaben und Zölle als Inflationstreiber

Um die Schulden langfristig bezahlbar zu halten, braucht es moderate, besser noch niedrige Zinsen. Schuldenfinanziertes Wachstum bei gleichzeitig moderatem Zinsniveau treibt langfristig die Inflation, ebenso wie Handelszölle, die von der Trump-Regierung „zum Schutze“ der US-Wirtschaft zu erwarten sind.  Die Inflation, ein Problem, das Kamala Harris und den Demokraten bei der Wahl „auf die Füße gefallen“ sein dürfte und das Trump versprochen hat zu lösen. Gut möglich, dass ihn dieses Versprechen irgendwann einholen wird.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) könnte durch einen nachhaltig hochdefizitären US-Staatshaushalt vor Herausforderungen gestellt werden. Im Rahmen ihres dualen Mandats verfolgt die US-Notenbank zwei Ziele: Vollbeschäftigung und ein Inflationsziel von zwei Prozent. Während hohe Staatsdefizite sich kurzfristig positiv auf das Wirtschaftswachstum und damit auch auf die Beschäftigungssituation auswirken dürften, lesen sich die inflationsseitigen Implikationen weniger erfreulich. Denn trifft eine defizitbedingte Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage auf ein Waren- und Dienstleistungsangebot, das nicht oder nur schleppend ausgeweitet werden kann, mündet die höhere Kaufkraft in höheren Inflationsraten.

Die Erfahrungen in den Pandemiejahren sollten daher ein mahnendes Beispiel sein. Seinerzeit trafen in den USA großzügige Staatstransfers an die Privathaushalte und Unternehmen im Gegenwert von mehreren Billionen US-Dollar auf ein verengtes Warenangebot, das unter Lieferkettenproblemen litt. Ein Leitzinsniveau von zuletzt knapp fünf Prozent zeugt noch heute davon.

Irgendwer muss die Staatsanleihen kaufen

Immer weiter steigende Staatsausgaben sind kein risikofreies Unterfangen. Mittel- bis langfristig steigt bei immer höheren Schuldenquoten die Wahrscheinlichkeit für einen „Liz Truss-Moment“, in dem die Kapitalmärkte einer US-Regierung das Vertrauen entziehen könnten.

Liz Truss, die ehemalige Premierministerin des Vereinigten Königreichs, bekam die Gravitationskraft der Kapitalmärkte bereits kurz nach ihrer Amtseinführung im September 2022 zu spüren und sollte keine zwei Monate im Amt bleiben. Ihre Pläne für Steuersenkungen und eine höhere Schuldenaufnahme hatten rapide ansteigende Gilt-Renditen zur Folge. Sie zwangen die Regierung zu einem abrupten Kurswechsel und die britische Notenbank zu einer milliardenschweren Intervention, um die Finanzmärkte zu stabilisieren.

Die USA genießen an den internationalen Kapitalmärkten zweifelsfrei ein außerordentlich hohes Ansehen, sodass sich die Ereignisse im Vereinigten Königreich nicht ohne Weiteres auf die USA übertragen lassen. Doch auch ein US-Präsident kann seine schuldenfinanzierten Pläne nicht ohne die Gunst der Kapitalmärkte durchsetzen – irgendwer muss die Schulden beziehungsweise Staatsanleihen schließlich kaufen. Am Ende könnte die US-Notenbank in die Bresche springen.

Aktionäre in Feierlaune – Anleihen unter Druck

Aus Sicht der US-Börsen könnte Donald Trump die, zumindest auf den ersten Blick, bessere Wahl gewesen sein. Denn während Kamala Harris eine Anhebung der Unternehmenssteuern von 21 auf 28 Prozent geplant hat, beabsichtigt Trump das Gegenteil zu tun: Für heimische Produzenten sollen die Unternehmenssteuern auf 15 Prozent sinken. Insofern dürften die Nachsteuergewinne der US-Unternehmen unter einer Administration Trump höher ausfallen – und für Feierlaune bei einigen Aktionären sorgen.

Aber ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn Trumps Pläne, Importzölle anzuheben, vergiften nicht nur das Handelsklima; sie haben auch das Potenzial, die Globalisierungsgewinne der vergangenen Jahrzehnte rückabzuwickeln, zumindest teilweise. Ein Szenario, in dem es keine Gewinner gibt.

Davon abgesehen bleiben Aktien – ob mit oder ohne Trump – ein wichtiger Baustein für den langfristigen realen Vermögenserhalt. In Zeiten, in denen schuldenbedingte Aufwärtsrisiken für die Inflation zugenommen haben, gewinnt der Sachwertcharakter von Aktien sogar nochmals an Bedeutung. Bei steigenden Schulden (und geopolitischen Risiken) behält auch Gold seine Berechtigung in einem gemischten Portfolio. Als Absicherung gegen die Risiken im Finanz- und Geldsystem – auch wenn Trump mit dem Begriff „Goldenes Zeitalter“ gewiss etwas anderes gemeint haben dürfte.

Die Renditen von US-Staatsanleihen legen heute zu. Angesichts der politischen Vorzeichen für Inflation und Wachstum ist diese Reaktion verständlich. Die heutigen Kursbewegungen unterstreichen aber auch, dass Anleihen nicht pauschal als risikolose Anlageklasse betrachtet werden sollten, sondern aktiv gesteuert und flexibel eingesetzt werden müssen – um angesichts der gestiegenen Renditen von attraktiven laufenden Erträgen und Diversifikationspotenzialen profitieren zu können.

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