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Gesellschaft

„Der demographische Wandel ist unerbittlich“

Die Rente sorgt für Schlagzeilen. Können künftige Generationen sich in Deutschland noch auf die gesetzliche Kasse verlassen?

Die Rente hat es mal wieder in die Schlagzeilen gebracht. Können künftige Generationen sich in Deutschland noch auf die gesetzliche Kasse verlassen? Thomas Lehr und Philipp Vorndran erklären, worauf es bei der Diskussion um den Ruhestand ankommt.

Künftig soll es erst mit 68 Jahren in Rente gehen, zumindest hat das der Wissenschaftliche Beirat des Wirtschaftsministeriums vorgeschlagen – was sagt ihr dazu?

Vorndran: Wir werden immer älter. Und wenn wir uns die Fortschritte in der Biotechnologie anschauen, ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird. Insofern werden wir, werden vor allem künftige Generationen auch später in Rente gehen müssen. Ohne Wenn und Aber.

Sind denn die 68 Jahre ein realistisches Rentenalter?

Lehr: Bezogen auf das, was die gesetzliche Rente in Deutschland langfristig zu leisten vermag, werden wir damit höchstwahrscheinlich nicht hinkommen. Die Rentner leben länger, was wunderbar ist! Hinzu kommt aber, dass eine wachsende Zahl von Beitragsempfängern einer schwindenden von Beitragszahlern gegenübersteht; die geburtenstarken Jahrgänge, die oft genannten Babyboomer, verabschieden sich nach und nach aus dem Berufsleben – zulasten der Rentenkasse.

Vorndran: Man könnte auch sagen: Der demografische Wandel ist unerbittlich gegenüber unseren sozialen Sicherungssystemen.

Trotzdem hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier seine Berater zurückgepfiffen und kundgetan, dass ein Renteneintritt mit 68 kein Thema sei ...

Lehr: Eigentlich dürfte auch ihm längst dämmern, dass bei der Rente größere Umbauten vonnöten sind ...

Vorndran: Was er als amtierender Minister aber niemals öffentlich sagen würde, erst recht nicht im Jahr der Bundestagswahl. Große Würfe werden von den Wählern gewöhnlich nicht honoriert – weil es eben auch Verlierer gibt, wenn „geworfen“ wird. Klar, dass er da seine Berater zurückpfeift. Bloß niemanden verunsichern. Besser Füße stillhalten. Laufen lassen.

Lehr: Eines ist aber auch klar: In ihrer jetzigen Form wird ein Umlageverfahren wie die gesetzliche Rente dauerhaft zu einem Zuschussgeschäft für den Staat, bei dem die Zuschüsse immer weiter steigen werden. Schon jetzt sind es gut 100 Milliarden Euro im Jahr! Geld, das an anderer Stelle dringend benötigt wird. Für Bildung und Forschung beispielsweise.

Vorndran: Wir werfen Geld in ein Fass ohne Boden – langfristig ist das eine Katastrophe!

Wie könnte denn ein großer Wurf eurer Ansicht nach aussehen?

Lehr: Ich bin großer Freund davon, über die Landesgrenzen hinauszuschauen – was machen eigentlich unsere Nachbarn? Und was funktioniert bei denen, oder auch nicht?

Vorndran: Wir beide haben lange in der Schweiz gearbeitet und gelebt. Die Altersvorsorge dort ruht auf drei Säulen. Einer gesetzlichen Grundsicherung, ergänzt um eine Zwangsbetriebsrente, die sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber besparen, sowie der privaten Altersvorsorge, die auf einem gesonderten Konto liegt und kapitalnah, zudem steuerprivilegiert angelegt wird.

Lehr: Kapitalnah, also vorzugsweise in Unternehmensbeteiligungen, in Aktien.

Vorndran: Genau. Bei der Frage nach einem zukunftstauglichen Rentensystem geht es nicht allein darum zu klären, was man macht, sondern auch, wie man es macht, also wie die Altersvorsorge angelegt werden soll.

Ihr beide seid euch einig, dass bei der Altersvorsorge sehr viel stärker auf den Kapitalmarkt gesetzt werden sollte, Kursschwankungen also ein notwendiges Übel sind. Viele Deutsche sehen das vermutlich anders.

Lehr: Ich würde vermuten, dass sich diese Haltung mit Blick auf die langfristig zu erwartenden Realrenditen langsam, aber sicher ändern dürfte – zumindest hoffe ich das.

Vorndran: Zumal es noch ein Zückerli des Gesetzgebers gäbe, ein durchaus überzeugendes: Steuererleichterungen bei den Erträgen. Warum sollte bei der Altersvorsorge nicht funktionieren, was bei Filmfonds, Ostimmobilien oder Schiffscontainern in der Vergangenheit auch schon geklappt hat?

Lehr: Zumal die Qualitätsaktie ein deutlich besseres Investment ist als die genannten.

Philipp Vorndran und Thomas Lehr sind Kapitalmarktstrategen bei der Flossbach von Storch AG. Dieses Interview ist unter der Rubrik "Stratege und Stratege" in der aktuellen Ausgabe unseres Magazins "Position" erschienen. Sichern Sie sich hier Ihr kostenloses Abonnement.

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