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BMW-CEO Oliver Zipse: Entry statt Exit

Die Zeiten ändern sich – und das nachhaltig. Verbote allein reichen da nicht. Um die Zukunft erfolgreich zu gestalten, brauchen Unternehmen eine Vielfalt an Handlungsoptionen.

Die Ereignisse der vergangenen drei Jahre haben unsere Welt und die Form der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit maßgeblich verändert. Dieser Wandel ist nicht temporär. Es wird kein Zurück auf den Status quo geben. Die Automobilindustrie, mit ihren eng verwobenen internationalen Lieferketten, steht in dieser neuen Situation vor ganz besonderen Herausforderungen.

Wie reagieren wir, und wo liegen die Chancen für die Zukunft?

Gerade in Europa brauchen wir einen mentalen Paradigmenwechsel. Statt nur Verbote zu erlassen und „Exit-Strategien“ zu entwerfen, sollten wir uns mit gleicher Intensität auf „Entry-Strategien“ konzentrieren. Denn etwas zu beenden, heißt noch lange nicht, dass automatisch etwas Neues entsteht. Ich möchte das an zwei Beispielen einmal näher erläutern.

Erstens: Die CO2-Vorgaben für die Automobilindustrie.

Es herrscht industrieweit große Einigkeit, dass der CO2-Ausstoß der individuellen Mobilität deutlich gesenkt werden muss. Milliarden wurden (und werden) dafür investiert. Um den Veränderungsdruck weiter zu erhöhen und den Wandel noch zu beschleunigen, hat die Europäische Union (EU) im vergangenen Jahr beschlossen, dass ab 2035 nur noch emissionsfrei betriebene Fahrzeuge zugelassen werden dürfen – eine klassische Exit-Strategie.

Das reine Verbot wird den zahlreichen Facetten, die für einen erfolgreichen Mobilitätswandel erforderlich wären, jedoch nicht gerecht. Zur schnelleren Realisierung ist vielmehr eine holistische, industrieübergreifende Herangehensweise erforderlich – also diverse Entry-Strategien für das Zeitalter der CO2-neutralen Mobilität.

Das Angebot an vollelektrischen Fahrzeugen auf dem Markt wächst schnell. Doch das allein reicht nicht. Es ist der Kunde, der durch sein Kaufverhalten den Daumen über die zukünftigen Antriebstechnologien hebt oder senkt. Deswegen wäre parallel zum wachsenden Produktangebot der Aufbau eines ausreichend dimensionierten Ladenetzwerks notwendig.

Das würde Vorbehalte und die damit einhergehende Kaufzurückhaltung bei vielen Kunden zerstreuen. Doch dieser entscheidende Schritt ist aktuell nicht angedacht.

Auch Themen rund um die Rohstoffe für die grüne Transformation der Mobilität wurden im Gesetzgebungsprozess nicht berücksichtigt. Alternative Szenarien und Lösungen für potenzielle Versorgungsengpässe oder neue Abhängigkeiten werden erst jetzt, unter den neuen geopolitischen Gesichtspunkten, diskutiert.

Ebenfalls nicht mit einer Strategie hinterlegt: der Aufbau der erforderlichen Wertschöpfungsketten in Europa für emissionsfreie Antriebe. Hier bräuchten wir deutlich wettbewerbsfähigere Rahmenbedingungen in Bezug auf Energiepreise, Fördermittel oder Bildungsmaßnahmen. Das würde langfristig Investitionen in der EU sichern. Andere Weltregionen agieren hier deutlich offensiver.

„Es ist der Kunde, der durch sein Kaufverhalten den Daumen über die zukünftigen Antriebstechnologien hebt oder senkt.“ - Oliver Zipse

Solange eine holistische Lösung, die alle Aspekte berücksichtigt, nicht definiert ist, wird nur ein technologisch vielfältiger und flexibler Ansatz bei den Antriebstechnologien im globalen Wettbewerb wirtschaftlich erfolgreich sein. Darauf setzen wir bei der BMW Group und darauf sollte auch die Politik in Europa setzen.
Entry-Strategien sollten auch bei dem zweiten Beispiel, einem geopolitischen Thema, viel stärker Beachtung finden: dem Umgang mit China und dem Ausbau internationaler Partnerschaften. Aktuell erleben wir in Deutschland eine risikofokussierte Sichtweise auf China. Es werden erneut Exit-Strategien diskutiert und die Chancen neuer Kooperationen hingegen nur wenig bis gar nicht thematisiert. Wir brauchen aber China, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Doch gleichzeitig braucht China auch Europa als größten Binnenmarkt der Welt.

Wenn wir nun trotzdem ausschließlich in Exit-Strategien denken – sollte dies immer mit Blick darauf erfolgen, woher der Wohlstand in Europa und Deutschland kommt. Der weltweite Freihandel ist von zentraler Bedeutung für viele Unternehmen in Europa.

Die Entwicklung von Kooperationen mit vielen unterschiedlichen internationalen Partnern in unterschiedlichen Regionen bietet daher enorme Chancen und macht uns resilienter. Vor diesem Hintergrund müssten jetzt entsprechende internationale Zusammenarbeitsmodelle definiert und umgesetzt werden. Klar ist jedoch: Ein Versuch, China auszuklammern, ist weder zielführend noch realistisch. China muss Teil einer Gesamtlösung sein.

Der Aufbau von Resilienz setzt Vielfalt voraus. Um auf die Automobilindustrie zurückzukommen: Wir beobachten, wie sich die Elektromobilität in vielen Märkten mit zum Teil völlig unterschiedlichen Geschwindigkeiten entwickelt. In diesem Umfeld müssen wir als globales Unternehmen erfolgreich wirtschaften. Daher bieten wir einerseits hochattraktive vollelektrische Fahrzeuge an und entwickeln gleichzeitig mit Hochdruck vorhandene technologische Lösungen weiter. So bieten wir in der Phase der Transformation Lösungen für alle Bedarfsfälle. Der Kunde kann entscheiden, welche Technologie für ihn die passende ist. Gleichzeitig weiß er, dass er bei uns die stets aktuelle und damit umweltfreundlichste Antriebsform nutzt.

Unser neuer BMW 7er ist das beste Beispiel für diesen technologieoffenen Ansatz. Alle Antriebsarten auf einer Architektur. Keine Kompromisse beim E-Antrieb. Und natürlich leisten bei uns alle Antriebsarten – sei es vollelektrisch, Plug-in-Hybrid, Wasserstoff oder Verbrenner – einen positiven Beitrag zur Senkung von CO2-Emissionen.

Unsere „Local-for-local“-Strategie stellt eine regionenübergreifende Resilienz sicher. Die jeweils lokal produzierten Fahrzeuge passen zur Nachfrage in den Regionen und die Lokalisierung der Lieferkette optimiert unsere Flexibilität. Außerdem bietet eine ausgewogene regionale Nachfrage die Möglichkeit, zeitnah auf die Entwicklungen in den jeweiligen Regionen zu reagieren.

Ein dynamisches und volatiles Umfeld bleibt „The New Normal“. Dabei wird leider allzu oft – wie in der Gesetzgebung – zeit- und ressourcenaufwendig nach der perfekten Lösung gesucht. Dabei wären schnelle und pragmatische Lösungen eher erforderlich.

Chancenorientiert muss man neue Strategien entwickeln und Resilienz durch Vielfalt sowie Flexibilität aufbauen. Das gibt auch der Industrie den Gestaltungsspielraum, um pragmatisch zu agieren und auch in Zukunft ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftlichen Wohlstand leisten zu können.

Der Autor:

Oliver Zipse ist seit August 2019 Vorsitzender des Vorstandes der BMW AG. Der gebürtige Heidelberger ist Diplom-Ingenieur mit Fokus Maschinenbau und bereits seit 1991 im Unternehmen tätig.

Der Beitrag stammt aus dem Magazin „Position“, das Sie hier kostenfrei abonnieren können.

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