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Geldanlage
5 Minuten

Warum das Gehirn gegen Rendite kämpft

Geld anlegen ist simpel – theoretisch. Man kauft vielversprechende Aktien, hält sie lange und wartet auf Gewinne. Doch dann kommt das Gehirn ins Spiel. Welche Denkfehler an der Börse teuer werden, erklärt Maren Kebbel.

Lange Zeit bestimmte der "homo oeconomicus" die Kapitalmarktforschung – der stets rational handelnde, allwissende Anleger. Emotionen galten schlicht als Störung in den Modellannahmen. Als etwas, was sich eh kaum erklären lässt und womit sich Ökonomen und andere Zahlenmenschen ohnehin eher ungern beschäftigen. Das Problem: Viele immer wiederkehrende Phänomene an den Finanzmärkten – etwa Spekulationsblasen – lassen sich ohne den Blick auf menschliche Emotionen nicht erklären.

Dann kamen die Psychologen Amos Tversky und Daniel Kahneman. Ihre Studien rüttelten am Idealbild des „homo oeconomicus“ und revolutionierten das Denken über die Treiber der Finanzmärkte. Ihre Forschung zeigte: Menschen handeln eben nicht rein vernünftig. Kahneman erhielt 2002 für diese wegweisenden Erkenntnisse den Wirtschaftsnobelpreis.

Behavioral Finance (Verhaltensökonomie) kombiniert Ökonomie mit Psychologie und zeigt, dass wir uns oft irrational verhalten – als Einzelne und als Gruppe. Verhaltensauffälligkeiten werden untersucht, kognitive Verzerrungen entlarvt. Doch welche Fehler kosten uns am meisten Geld?

Warum man selbst sein größter Anlagefeind ist

Beim Investieren lauern überall psychologische Denkfallen, die Anlegerinnen und Anleger viel Geld kosten können. Wir haben mal die wichtigsten zusammengefasst.

  • Selbstüberschätzung: Der Irrglaube an den eigenen Börsen-Instinkt
    Schon ein paar erfolgreiche Trades – und plötzlich fühlt man sich wie der neue Warren Buffett. Dabei war es oft nur Glück. Diese übertriebene Selbstsicherheit führt dazu, dass Anleger zu große Risiken eingehen oder an schlechten Investments festhalten. Spoiler: Das geht natürlich selten gut aus.
  • Verlustaversion: Lieber leiden als loslassen
    Warum fällt es so schwer, eine schlechte Aktie einfach zu verkaufen? Weil Verluste in unserer Wahrnehmung rund 2,5-mal schwerer wiegen als gleich hohe Gewinne. Anleger realisieren Gewinne zu früh, Verluste aber lassen sie laufen – in der Hoffnung, dass sich das Blatt noch wendet. Ein typischer Dispositionseffekt, der oft teuer wird
     
  • Bezugspunktabhängigkeit: Warum der eigene Einstiegspreis nichts mit der Zukunft zu tun hat
    Anleger bewerten ihre Gewinne und Verluste oft relativ zu einem bestimmten Referenzpunkt, meist dem Kaufpreis. Eine Aktie, die einst bei 100 Euro stand und nun bei 80 Euro liegt, wird nicht als Investition betrachtet, sondern als "Minus 20 Euro" – was emotional schwerer wiegt als die eigentliche Zukunftsaussicht des Unternehmens. Doch: Die Börse kennt die eigenen Einstiegspreise nicht!
     
  • Herdentrieb: Wenn alle kaufen, kann es doch nicht falsch sein?
    Oh doch! Der Bitcoin-Boom? Die Dotcom-Blase? Meme-Aktien? Immer das gleiche Muster: Alle stürzen sich auf einen Hype – und viele bleiben am Ende auf überteuerten Werten sitzen. Besonders kritisch: Oft entfalten Hypes dann ihre größte Wirkung, wenn sie bereits ihren Höhepunkt erreicht haben. Vorsicht vor dem Herdentrieb – wer der Masse blind folgt, landet oft genau dort, wo die Party schon vorbei ist.
     
  • Selektive Wahrnehmung: Nur sehen, was ins eigene Bild passt
    Kaum hat man in eine Aktie investiert, erscheinen alle positiven Nachrichten plötzlich viel relevanter als die Negativen. Anleger neigen dazu, nach Bestätigung für ihre Entscheidungen zu suchen. Widersprechende Informationen werden dann systematisch ignoriert. Mangelnde Selbstkritik undBequemlichkeit führt aber oft zu schlechten Entscheidungen.
     
  • Gewöhnungseffekte: Warum Verluste sich mental anders anfühlen
    Verluste tun weh, klar. Doch je länger eine Aktie im Minus bleibt, desto stärker gewöhnt man sich an den Zustand. Anleger entwickeln oft eine emotionale Bindung zum Einstandspreis und klammern sich an die Hoffnung, dass die Kurse irgendwann wieder steigen. Hoffen allein ist aber keine Anlagestrategie.

Wie man die eigenen Finanzen vor sich selbst schützt

Die gute Nachricht: Emotionen gehören zwar zu jedem Menschen. Aber jeder kann sein Gehirn austricksen. Behavioral Finance zeigt, dass unser Gehirn nicht unbedingt unser bester Finanzberater ist. Wer die eigenen Denkfehler aber kennt, kann sie gezielt umgehen – und erfolgreicher investieren.

Anleger sollten für sich klare Kauf- und Verkaufsregeln aufstellen, um spontane Panik- oder Euphorie-Käufe zu vermeiden. Schließlich ist Vermögensaufbau ein Marathon und kein Sprint! Ein Lebensprojekt, das auch die nächste Generation betrifft.

Risiken sollten breit gestreut werden. Ausdauerendes Investieren glättet Marktschwankungen und reduziert das Risiko von Fehlentscheidungen. Wer im „Driver’s seat“ sitzt, muss entscheiden, sollte klug investieren und sich nicht von Gefühlen leiten lassen. Wer seine Anlageentscheidungen ganz alleine trifft, hat eine große Verantwortung.

Es ist natürlich auch möglich, auf den Beifahrersitz zu wechseln und einen Profi ans Steuer zu lassen. Professionelle Vermögensverwalter verfolgen Anlagestrategien, die dabei helfen, Behavioral-Finance-Maximen zu beachten und Emotionen dabei auszublenden.

Erfahrene Anleger wissen: Das Gehirn spielt jedem schonmal einen Streich. Wer Vertrauen in seine Anlagen hat, weil er sie sehr genau kennt, nicht alles auf eine Karte setzt und einen langen Horizont hat, der investiert besser. Hirn schlägt Herz – das gilt zumindest bei der Geldanlage.

Über die Autorin:
Maren Kebbel kümmert sich bei der Flossbach von Storch Stiftung um die Verbreitung von Finanzbildung in der Öffentlichkeit.

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Glossar

Verschiedene Fachbegriffe aus der Welt der Finanzen finden Sie in unserem Glossar erklärt.

Die neuste Ausgabe der Position

„Welt in Unordnung“

Als langfristig denkende Investoren sind wir vorsichtig mit Superlativen. Und doch würden wir dem Jahrgang 2024 das Attribut „außergewöhnlich“ geben. Außergewöhnlich in vielerlei Hinsicht.
Im Fokus standen vor allem die USA. Die Wahl des neuen, alten Präsidenten. Oder der unerschütterliche Boom bei den großen Tech-Aktien. Nie war deren Gewicht in den internationalen Aktienindizes so groß wie in diesen Tagen. Geht die Rally weiter?
Die Erwartungen sind sehr hoch – möglicherweise zu hoch.
Insofern ist die Prognose, dass auch 2025 ein „außergewöhnlicher“ Jahrgang werden könnte, nicht allzu gewagt.

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