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Gesellschaft
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Schuldenbremse: Besser als ihr Ruf

- Prof. Dr. Thomas Mayer

In Deutschland gibt es einen Mechanismus, der die Ausgabelust der Politiker bremst. Die Kritik daran ist laut. Zu Recht?

Nach dem spektakulären Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse ist diese ins Gerede gekommen. Sie sei zu starr, investitionsfeindlich und aus der Zeit gefallen, hört man. Richtig daran ist, dass der Blick auf die Schulden allein den Zustand der Staatsfinanzen nicht voll erfasst. Dennoch kann die Schuldenbremse für solide Staatsfinanzen sorgen. Seit 2018 präsentiert der Internationale Währungsfonds (IWF) Vermögensbilanzen für eine ganze Reihe von Staaten bis zurück ins Jahr 2000.

Dass sich aus der Differenz zwischen dem Anlagevermögen und den Verpflichtungen ergebende Nettovermögen des deutschen Staates wird vom IWF für das Jahr 2000 auf rund minus neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) veranschlagt. Die (durch den Negativwert ausgewiesene) Überschuldung steigt in den Folgejahren auf rund minus 25 Prozent im Jahr 2005 und schwankt um diesen Wert bis 2011. Also bis zu dem Jahr, in dem die Schuldenbremse wirksam wurde. Danach beginnt die Überschuldung abzunehmen, bis zu einem Nettovermögen von minus 3,7 Prozent des BIP im Jahr 2021.

"Vermögende Rentiers, die mit den aufgenommenen Staatsschulden in jüngeren Jahren Konsumausgaben statt Investitionen finanzierten, kassieren von den jüngeren Steuerzahlern in reiferen Jahren Zinsen, mit denen sie weitere Konsumausgaben finanzieren können." - Thomas Mayer

In Frankreich, wo die Schuldenbremse nie umgesetzt wurde, fiel das staatliche Nettovermögen von minus 25 Prozent im Jahr 2000 auf minus 44 Prozent in 2020. Aufschlussreich ist der Vergleich der USA mit Frankreich. Die Amerikaner haben zwar eine höhere Staatsschuldenquote, aber auch ein höheres staatliches Nettovermögen als Frankreich. Es kommt also nicht allein auf die Verschuldung, sondern auch auf ihre Verwendung für die Finanzierung von Konsum oder Investitionen an.

Ein negatives Nettovermögen weist auf Wohlstandsverluste durch Überschuldung und Umverteilung von vermögensarmen Steuerzahlern zu einer vermögenden Rentierklasse hin, die von Kapitaleinkünften lebt. Künftige Generationen müssen eine Zinslast stemmen, ohne in den Genuss von mit der Schuldenlast erworbenen Vermögenswerten zu kommen. Vermögende Rentiers, die mit den aufgenommenen Staatsschulden in jüngeren Jahren Konsumausgaben statt Investitionen finanzierten, kassieren von den jüngeren Steuerzahlern in reiferen Jahren Zinsen, mit denen sie weitere Konsumausgaben finanzieren können.

Der Text entstammt der regelmäßig erscheinen Kolumne von Thomas Mayer in der Wochenzeitung Welt am Sonntag.

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