Die Kurse von Nvidia, Microsoft und Alphabet sind vielen Anlegern schon zu teuer. Sie suchen jetzt nach weiteren KI-Profiteuren. Doch der Wunsch nach schnellem Reichtum hat einen Haken.
Weil die Kurse von Nvidia, Microsoft und Alphabet vielen Anleger bereits zu weit weggelaufen sind, lautet eine oft gestellte Frage „Wer profitiert sonst noch vom Thema KI?“ Gefragt sind in der Regel die offensichtlichen Profiteure. Die, deren Kurse ähnlich schnell und vor allem ähnlich kräftig nach oben schießen könnten. Weil die Suche nach schnellem Reichtum am Kapitalmarkt häufig genau zum Gegenteil führt, empfiehlt sich womöglich ein etwas längerfristiger Ansatz. Genau hier hilft bei der Frage nach möglichen Profiteuren ein Blick in die Geschichtsbücher.
Als die Wirtschaftsjournalisten Charles Henry Dow und Edward Jones vor 140 Jahren den ersten Aktienindex entwickelten, ging es ihnen um einen Richtwert, an dem man die Schwankungen nicht nur einzelner Aktien, sondern die des „Aktienmarktes“ ablesen konnte. Der Index, den die beiden „Dow Jones Average“ nannten, wurde erstmals am 3. Juli 1884 veröffentlicht. Zur damaligen Zeit wurde „der Westen erschlossen“.
Die Eisenbahngesellschaften waren Treiber und Profiteure zugleich. Um den Streckenbau voranzutreiben, bezuschusste die US-Regierung den Bau nicht nur durch günstige Kredite und finanzielle Zuwendungen. Den Eisenbahngesellschaften wurden vor allem riesige Landflächen entlang ihrer Strecken überlassen, die sie verkaufen oder entwickeln konnten.
Hinzu kam, dass die Eisenbahn in vielen Regionen des Westens die einzige Möglichkeit war, Waren und Personen zu transportieren. Diese Monopolstellung ermöglichte es ihnen, hohe Transportgebühren zu verlangen und entsprechende Profite zu erzielen. Kurzum: das Schienennetz in den USA wurde schnell ausgebaut, die Geschäfte florierten und während Industriewerte als unattraktiv und spekulativ angesehen wurden, erfreuten sich Eisenbahnaktien größter Beliebtheit. Es wundert somit nicht, dass Eisenbahngesellschaften die ersten Schwergewichte im „Dow Jones Average“ waren.
Der Ausbau des Eisenbahnnetzes führte in der Folge zu einem Wirtschaftsboom und beschleunigte die Industrialisierung, weil es den Transport von Waren und Rohstoffen effizienter gestaltete und neue Märkte erschloss. Die Bedeutung der Industriebetriebe nahm so stark zu, dass auch Charles Dow, der inzwischen gemeinsam mit Edward Jones Herausgeber des 1889 gegründeten Wall Street Journals war, dieser Entwicklung Rechnung trug: Er teilte den Dow Jones Average in zwei separate Indizes auf, und so entstand 1896 neben dem Dow Jones Railroad Average der Dow Jones Industrial Average (DJIA), oft einfach als „Dow“ bezeichnet, einer der bekanntesten und meistbeachteten Aktienindizes der Welt.
In den folgenden Jahrzehnten ließen sich ähnliche Klumpenbildungen beobachten, wenngleich keine an die der Eisenbahnaktien heranreichte. Dennoch gibt es Parallelen. Nicht selten waren es Branchen, die die industrielle Produktion oder/und ganz allgemein das Leben eines Großteils der Gesellschaft nachhaltig veränderten.
Die Jüngeren unter uns werden sich kaum noch an die hohe Konzentration von Automobil- oder Ölunternehmen in den 1960ern erinnern. Umso besser ist dagegen den meisten die Dotcom-Blase in Erinnerung. Wie die Eisenbahn vernetzte auch das Internet die Menschen und Unternehmen. Wer Ende der 1990er Jahre aber den Aktienkursen der Pioniere und offensichtlichen Profiteure nachjagte, musste später schmerzhaft feststellen, dass deren Kurse selbst dann einbrachen, wenn diese Unternehmen die hohen Erwartungen erfüllten oder sogar übertrafen. Ein Großteil der damaligen Börsenstars verschwand ganz – und das nicht, weil sich das Internet am Ende nicht durchgesetzt hätte. Ganz im Gegenteil.
Worauf wollen wir hinaus? Natürlich gibt es auch beim Thema „Künstliche Intelligenz“ die Unternehmen, die das Schienennetz legen oder – wie im Falle des Goldrauschs – die, die Schaufeln verkaufen. Deren Gewinne sind die Investitionen derer, die die Künstliche Intelligenz künftig einsetzen, weil sie sich davon Vorteile versprechen. Nicht allen wird das gelingen.
Wenn es aber der Mehrheit nicht gelingt (wie im Falle das Goldrauschs), ist auch der Erfolg derer, die die Schaufeln verkaufen, nur von kurzer Dauer. Rentieren sich die Investitionen dagegen mehrheitlich durch zum Beispiel Effizienzgewinne, Kostensenkungen oder Marktinnovationen, werden nicht alle, aber eben viele Unternehmen zu Profiteuren und der Trend gewinnt auch an den Börsen an Breite.
Mit anderen Worten: Neue Technologien und Trends, die als bahnbrechend oder zumindest ökonomisch relevant eingeschätzt werden, definieren sich gewissermaßen dadurch, dass die Mehrheit oder zumindest ein Großteil (der Unternehmen) profitieren. Wenn auch in unterschiedlichem Maß und über Zeit.
Gerade für Aktienindizes, bei denen die einzelnen Aktien entsprechend ihrer Marktkapitalisierung gewichtet werden, muss das übrigens nicht zwingend steigende Kurse bedeuten, denn hier sind es ja in erster Linie die Gewinner der ersten Stunde, die den Ton angeben.
Das ist der Grund, weswegen viele Aktienindizes zwischen 2000 und 2003 substanzielle Verluste erlitten und erst kurz vor der Finanzkrise im Jahr 2008 wieder das Niveau erreichten, von dem aus sie im Jahr 2000 abgestürzt waren. Für Indizes, in denen jedes Indexmitglied das gleiche Gewicht hat („equal weighted“) dagegen trifft das nicht zu. Der Kursrutsch in den ersten drei Jahren dieses Jahrhunderts war dort deutlich geringer und die anschließenden Kursgewinne sorgten dafür, dass der breite Markt bis ins Jahr 2008 Rekordhochs erreichte, die signifikant über den Hochs aus dem Jahr 2000 lagen. Gerade für Anleger, die zuallererst auf Indizes schauen, ergibt sich daraus eine wichtige Erkenntnis. Aber das ist eine andere Geschichte …
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