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Kommt die Renaissance des Goldes als Geld?

- Gunther Schnabl

1. Gold boomt

Wie von magischer Hand wird der Goldpreis immer weiter nach oben getragen. Auf über 2.700 Dollar pro Feinunze ist der Preis angestiegen. Auch in Euro eilt das nicht einmal zinsbringende Gold zu immer neuen Rekorden. Selbst den schillernden Bitcoin hat das magische Gold zuletzt in den Schatten gestellt.

Dennoch bleibt der Dollar die führende Weltwährung. Ein großer Teil der internationalen Güter- und Finanztransaktionen wird in Dollar fakturiert und abgewickelt. Viele Länder halten große Dollarreserven. Doch einige reduzieren ihre Bestände. Russland hat alle seine US-amerikanischen Staatsanleihen verkauft. Die chinesischen Bestände sinken stetig.

Kommt die Renaissance des Goldes als Geld? -

Die Gründe sind vielfältig. Die Sanktionen gegen den Iran bei der Nutzung des internationalen Zahlungssystems SWIFT sowie das Einfrieren russischer Devisenreserven haben Misstrauen gegenüber den USA geschürt. Zudem wachsen die immensen Staatschulden der USA ungezügelt weiter. Die jüngste Zinssenkung der US-Zentralbank Fed könnte einen neuen Schub beim Wertverlust des Dollars signalisieren. Kündigt sich eine Wachablösung vom Dollar als führender internationaler Währung hin zum Gold an?

2. Gold diente einst als Geld

Das dürfte auch davon abhängen, ob Gold alle Funktionen von Geld erfüllen kann. Denn Geld dient nicht nur der Wertaufbewahrung. Es ist auch eine Recheneinheit, mit der man den Wert von Gütern messen und vergleichen kann. Es erleichtert Transaktionen, weil im Gegensatz zum Tauschhandel die Bedürfnisse von zwei Handelspartnern nicht übereinstimmen müssen.

In der Vergangenheit diente Gold als Geld. Im 6. Jahrhundert vor Christus ließ der lydische König Krösus Goldmünzen von einheitlichem Wert und einheitlicher Größe prägen, die er auch gerne hortete. Auch die alten Griechen und Kelten ließen goldene Münzen als Zahlungsmittel kursieren. Die Merowinger setzten die Prägung der Goldmünzen der Römer fort. Ab dem 13. Jahrhundert verbreitete sich der venezianische Golddukaten als Welthandelsmünze und diente als Maßstab für Gewichtsvergleiche. Nach der Entdeckung Lateinamerikas zirkulierten im 16. Und 17. Jahrhundert in Spanien besonders viele Goldmünzen.

Im 19. Jahrhundert bildeten Goldkurantmünzen (der aufgeprägte Wert entsprach dem Goldwert) wie die deutsche Goldmark und der britische Sovereign die Grundlage für den Goldstandard. Viele Länder bestimmten ein festes Austauschverhältnis ihrer Papierwährungen zum Gold. Das stabilisierte nicht nur die Preise, sondern auch die Wechselkurse zwischen den goldgedeckten Währungen. Beides förderte Wachstum, Handel und Wohlstand.

3. Wie das Papiergeld das Gold verdrängte

Dass im Goldstandard jederzeit die umlaufenden Geldscheine zu einem festen Kurs in Gold getauscht werden konnten, stärkte nicht nur das Vertrauen in die Papierscheine. Es könnte auch die Grundlage für den Verlust der Tausch- und der Rechenfunktion des Goldes geschaffen haben. Denn war dank dem Gold das Vertrauen einmal geschaffen, wurde das bunte Papier aufgrund seiner Leichtigkeit lieber herumgetragen.

Doch der Erste Weltkrieg rechtfertigte das Aussetzen der Goldkonvertibilität. Wer auf Papierwährungen als Wertspeicher vertraut hatte, verlor – wie viele Chinesen bereits in der Yuan-Dynastie (1271–1368) – durch Inflation seine Ersparnisse. Zwar kamen nach dem Krieg viele Länder wie Großbritannien zum Goldstandard zurück. Doch die Weltwirtschaftskrise ab 1929 löste kompetitive Abwertungen der nationalen Währungen gegenüber dem Gold aus. Der US-amerikanische Präsident Franklin Roosevelt verbot 1933 in den USA (wo inzwischen die größten Goldvorräte lagen) das private Horten von Gold, was damals vielleicht eine Renaissance des Goldes als Geld verhinderte.

Als am Ende des Zweiten Weltkriegs die USA den Dollar in das Zentrum des neuen Weltwährungssystems rückten, stärkte die Bindung des Dollars an das Gold (35 Dollar je Feinunze) seine Rolle als internationaler Leitwährung. Die Pflicht der Partnerländer im Bretton-Woods-System, die Wechselkurse ihrer Währungen an den Dollar zu binden, schuf das „exorbitante Privileg“: Die USA konnten andere Länder an der Finanzierung überbordender Staatsausgaben beteiligen, da sie Dollar kaufen mussten, wenn der Dollar abwertete.

4. Der Abstieg des Dollars und der Aufstieg des Golds

Als die USA ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre die Partnerländer an der Finanzierung des Vietnamkrieg beteiligten, tauschten Banken und Staaten US-Staatsanleihen gegen Gold, so dass die USA viele Goldreserven verloren. Nachdem US-Präsident Richard Nixon am 15. August 1971 die Tauschpflicht der USA eingestellt hatte, führte dies in eine lange Phase der Inflation und eines steigenden Goldpreises (siehe Abbildung 1). Diese fand erst Ende der 1970er Jahre ein Ende, nachdem die USA auf den internationalen Finanzmärkten keine Staatsanleihen mehr in Dollar, sondern nur noch in Deutscher Mark und Schweizer Franken platzieren konnten. Der neue Fed-Präsident Paul Volcker sicherte ab August 1979 mit starken Zinserhöhungen das exorbitante Privileg der USA und der Goldboom der 1970er Jahre war vorbei.

Als nach dem Platzen der Dotcom-Blase (März 2000) die US-amerikanische Fed die Zinsen stark senkte, um die Finanzmärkte zu stabilisieren, erodierte nicht nur wieder das Vertrauen in den Dollar. Es löste auch immense Kapitalflüsse nach China aus, wo diese die Investitionen, die Immobilienpreise, das Wachstum und die Goldnachfrage aufblähten. Die Goldrally setzte sich ab 2008 bis 2012 fort, als in Folge der US-Hypothekenmarktkrise mehrere Runden der Quantitativen Lockerung der Fed das Vertrauen in den Dollar weiter unterwanderten.

Die dritte Welle kam ab der Coronakrise 2020, in der alle drei großen Zentralbanken – Fed, EZB und Bank von Japan – die Welt mit noch mehr billigem Geld überschwemmten. Ab dem Jahr 2021 stieg jedoch weltweit die Inflation, so dass Fed und EZB die Zinsen erhöhen mussten. Der Goldpreis tänzelte auf historisch hohem Niveau, bis seit November 2023 der vierte Boom einsetzte. Der Glaube an die Wertaufbewahrungsfunktion des Goldes ist stärker denn je, doch könnte auch die Transaktions- und Rechnungsfunktion wieder an Bedeutung gewinnen?

Kommt die Renaissance des Goldes als Geld? -

5. Kommt die Renaissance des Goldes als Geld

Dass vor allem ostasiatische Zentralbanken und Russland für den neuen Goldrausch verantwortlich sein sollen (siehe Abbildung 2), weist auf einen Vertrauensverlust in den Dollar als Weltreservewährung hin. „Gold kennt kein Hegemonial- und Gegenpartsrisiko“, sagt Flossbach von Storch Geschäftsführer Bert Flossbach. Wenn alle potenziellen Reservewährungen große hausgemachte Probleme hätten, bliebe als Fluchtwährung nur das Gold. Angesichts der hohen Staatsverschuldung in den USA sei das Gold der letzte „sichere Hafen“, hört man von der Bank von America. Inzwischen scheinen auch die westlichen Investoren im Goldmarkt zurück und der Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen könnte noch mehr Staatsverschuldung signalisieren.

Doch als Transaktions- und Recheneinheit taugt das Gold deshalb noch nicht. Auch bei höheren Inflationsraten wie in der Türkei kann man kleinere Mengen Gold in türkische Lira tauschen, um die täglichen Transaktionen zu bestreiten. Sollte dennoch die Nachfrage nach einer stabilen Transaktionswährung steigen, dann hat der Bitcoin dem Gold etwas voraus. Das Angebot ist nicht nur glaubwürdig begrenzt. Der Bitcoin ist auch leicht in zahlreiche Untereinheiten – die sogenannten Satoshis – teilbar und elektronisch leicht via Blockchain zu transferieren.

Doch dieser Nachteil ließe sich überwinden. Wer heute Gold halten will, muss das nicht mehr physisch tun. Bei einer Exchange Traded Commodity (ETC) hält man elektronisch einen beliebig skalierbaren Anteil an sicher verwahrtem physischem Gold. Online-Broker handeln bereits Gold-ETCs. Es fehlt also nur noch ein System, das ohne die Broker die Anteile zwischen einzelnen Personen transferierbar macht. Mit der Transaktionsfunktion würde auch die Rechenfunktion des Goldes wieder aufleben. Die Renaissance des Goldes als elektronisches Geld könnte also weiter fortgeschritten sein, als von vielen gedacht.

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