Die Stimmung in der Wirtschaft der USA wird schlechter. Die Geldpolitik reagiert bislang kaum. Bleibt das so? Das hängt auch vom US-Präsidenten ab. Ein neuer Teil unserer Rubrik: Bonds in the Spotlight.
Die größte Volkswirtschaft der Welt könnte ihr Wachstumstempo auf Sicht drosseln. So deuteten zuletzt einige Stimmungsindikatoren darauf hin, dass der jahrelange Aufwärtstrend der US-Wirtschaft erlahmen könnte. Das Verbrauchervertrauen in den USA sackte spürbar ab, wie Daten des Conference Board für den Monat Februar zeigen. Während die aktuelle Situation noch mehrheitlich als gut eingestuft wurde, signalisierte eine spürbare Verschlechterung beim Erwartungsindex sogar die Möglichkeit einer Rezession.
Stephanie Guichard, Ökonomin beim Conference Board, lieferte die Hintergründe für die verschlechterten Verbrauchererwartungen auch gleich mit. In den schriftlichen Antworten im Rahmen der Verbraucherumfrage zeigte sich, dass die Erwähnungen von Handel und Zöllen stark zunahmen und Kommentare zur aktuellen Regierung und ihrer Politik dominierten.
Die von den US-Verbrauchern geschilderten Sorgen spiegeln auch die US-Aktienmärkte, die nach zwei sehr starken Aktienjahrgängen 2023 und 2024 erstmals wieder einen kleinen Dämpfer erfuhren. Seit den Höchstständen vom 19. Februar korrigierte der breite US-Aktienindex S&P 500 immerhin um zwischenzeitlich rund zehn Prozent.
In diesem Umfeld drängt sich natürlich die Frage auf, ob (und wie) die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) auf die verschlechterte Stimmung reagiert. Die kurze Antwort darauf ist: Noch reagiert sie gar nicht. Zumindest nicht mit Blick auf ihr maßgebliches geldpolitisches Werkzeug, die Leitzinsen. Diese hält sie unverändert in einer Bandbreite von 4,25 bis 4,5 Prozent.
Ganz überraschend kommt die Leitzinsentscheidung nicht. Vielmehr bleibt die Fed ihrer Linie treu und agiert nicht auf spekulativer Basis. Sie handelt „datenabhängig“, wie die Notenbanker nicht müde werden, zu erklären. Oder wie der Fed-Chef Jerome Powell in einer Rede Anfang März klarstellte: Es bleibe zunächst abzuwarten, wie sich die aktuelle Unsicherheit auf zukünftige Ausgaben und Investitionen auswirken werde. Zumal, wie er betonte, die Stimmungsindikatoren in den vergangenen Jahren kein guter Indikator für das tatsächliche Konsumwachstum gewesen seien.
Und mit Blick auf die gegenwärtige Datenlage hat sich nach Ansicht der Fed eben noch keine weitere Zinssenkung aufgedrängt. Positiv ist aus Sicht der Notenbanker zwar, dass sich das Lohnwachstum in einem Maß verlangsamt habe und die Balance zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage derart verbessert habe, sodass vom Arbeitsmarkt kein nennenswerter Inflationsdruck ausgeht.
Nichtdestotrotz befindet sich das allgemeine Teuerungsniveau aber nach wie vor auf erhöhten Niveaus. Die aktualisierten Fed-Schätzungen suggerieren, dass die US-Inflation, gemessen am „Personal Consumption Expenditures Price Index“, im vierten Quartal 2025 bei 2,7 Prozent liegen könnte und sich damit weiter oberhalb des Zwei-Prozent-Inflationsziels befinden dürfte.
Gleichzeitig dürften sich die US-Wirtschaft und der Arbeitsmarkt nach aktuellem Dafürhalten weiter robust entwickeln, wenngleich sich das Bild ein wenig einzutrüben scheint. Für das Schlussquartal dieses Jahres erwartet die Fed, dass die Wirtschaft mit 1,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal wächst. Im Dezember rechneten die Notenbanker noch mit 2,1 Prozent. Unterdessen dürfte sich die Arbeitslosenquote unverändert auf tiefen Niveaus halten und dann bei 4,4 Prozent liegen. Insofern besteht mit Blick auf das Vollbeschäftigungsziel der Notenbank weiter keine Eile, mögliche Zinssenkungen zu überstürzen.
Abseits der Zinsentscheidung gab es dann aber doch eine Anpassung im Rahmen des geldpolitischen Maßnahmenkatalogs, die manchen überraschen dürfte. Ab April verringert die Fed ihren Bestand an US-Staatsanleihen nur noch um maximal fünf Milliarden US-Dollar pro Monat – statt wie bisher um 25 Milliarden US-Dollar. Damit kommt der Bilanzabbau bei den US-Treasuries weitgehend zum Erliegen, nachdem die US-Notenbank ihre Staatsanleihenbestände seit Beginn des Bilanzabbaus am 1. Juni 2022 um rund 1.500 Milliarden US-Dollar auf zuletzt gut 4.200 Milliarden US-Dollar reduzierte.
Beim Abbau der hypothekenbesicherten Wertpapiere ändert sich hingegen nichts. Diese können sich unverändert in einem monatlichen Umfang von maximal 35 Milliarden US-Dollar verringern. Zuletzt lag der Bestand hypothekenbesicherter Wertpapiere bei etwa 2.200 Milliarden US-Dollar nach 2.700 Milliarden US-Dollar vor rund drei Jahren.
Mit der Entscheidung, das Tempo beim Abbau der US-Staatspapiere zu reduzieren, trägt die US-Notenbank ihrer vor drei Jahren verkündeten Absicht Rechnung, ein System umfangreicher Reserven zu implementieren. Dieses soll eine möglichst effiziente Umsetzung der Geldpolitik gewährleisten. Eine gewisse Unsicherheit bestand lediglich hinsichtlich der Höhe der Reserven.
Mit dem Wissen um ein vermutlich weitgehendes Ende des Staatsanleiheabbaus und die Höhe der aktuellen Staatspapierbestände lässt sich daher ableiten, dass die von der Fed angepeilte Reserve an US-Staatsanleihen perspektivisch bei schätzungsweise 4.000 Milliarden US-Dollar liegen dürfte. Eine stolze Summe.
Jerome Powell sagte jüngst, dass die Fed sich bei der Analyse eingehender Informationen darauf konzentriere, das Signal vom Rauschen zu trennen, während sich der Ausblick weiterentwickelt. „Signal and Noise“ – mit dieser Grundhaltung im Hinterkopf wird einmal mehr deutlich, dass sich die Geldpolitik nicht auf einem vordefinierten Kurs befindet. Schließlich müssen die Signale zunächst einmal empfangen werden.
In diesem Zusammenhang kommt die neue US-Regierung ins Spiel. Bedeutende politische Veränderungen in der Einwanderungs-, Handels- und der Steuerpolitik sind weiter denkbar. Donald Trump, der nicht müde wird, Zinssenkungen zu fordern, bleibt unberechenbar. Wobei der Nettoeffekt möglicher legislativer Maßnahmen des erratischen Präsidenten auf die Geldpolitik natürlich ebenfalls mit einer großen Unsicherheit behaftet ist.
Die Zahl der Unbekannten bleibt also groß und die Geldpolitik reagiert in diesen Tagen folgerichtig mit einem andauernden Abwägungsprozess. Sollte die Wirtschaft stark bleiben, die Inflation sich aber nicht weiter nachhaltig in Richtung zwei Prozent bewegen, können mögliche Zinssenkungen noch länger auf sich warten lassen.
Tritt hingegen ein Szenario ein, in dem sich der Arbeitsmarkt unerwartet abschwächt oder die Inflation schneller als erwartet sinkt, besteht bei einem Leitzinsniveau von mehr als vier Prozent ausreichend Spielraum, um die Geldpolitik bei Bedarf zu lockern.
Mit ihrer derzeitigen geldpolitischen Ausrichtung erscheint die US-Notenbank daher gut positioniert, um die Risiken und Unsicherheiten zu bewältigen, mit denen sie bei der Verfolgung ihres dualen Mandats konfrontiert ist. Unter Zugzwang steht die Fed dementsprechend (noch) nicht.
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