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Ein Vorschlag zur Ausgestaltung der Aktienrente

Sven Ebert

Eine Aktienrente nach schwedischem Vorbild – die aktuelle Situation in Deutschland

Zur Stützung der gesetzlichen Rente diskutiert die deutsche Politik momentan den Einstieg in kapitalgedeckte Rentenmodelle vornehmlich nach schwedischem Vorbild. Ein Teil der Beiträge und des Zuschusses aus Steuern soll weiterhin klassisch von den Berufstätigen auf die Rentner umgelegt werden. Der übrige Teil dient zum individuellen, kapitalgedeckten Vermögensaufbau über die Anlage am (internationalen) Kapitalmarkt. Zur Finanzierung sollen hierfür ab diesem Jahr auf unbestimmte Zeit jährlich zehn Milliarden Euro zusätzlich vom Bund aus Steuermitteln bereitgestellt und unter Aufsicht und Verwaltung der Bundesbank investiert werden. Dies dient dem Aufbau eines Kapitalstocks für die gesetzliche Rente.1 In Zukunft ist auch eine Aufteilung der laufenden Beiträge der Arbeitnehmer in Umlagefinanzierung und Kapitaldeckung vorgesehen. Zwei Prozentpunkte des aktuellen Rentenbeitrags von 18,6 % sind vorgesehen. Erste Modellrechnungen liegen vor.2

Im Vergleich zum gesamten Bundeszuschuss von ca. 75 Milliarden3 im Jahr 2020 und jährlichen Rentenzahlungen von etwas über 300 Milliarden erscheinen die angedachten zehn Milliarden zum Aufbau eines Kapitalstocks allerdings gering. Selbst bei einer Verzinsung von konstant zehn Prozent und jährlichem Zuschuss von 10 Milliarden ist dieser Topf im Jahr 2031, wenn der geburtenstärkste Jahrgang in Rente geht auf gerade einmal 125 Milliarden angewachsen und wirft demnach 12,5 Milliarden Zinsen ab. Das sind kaum 5 % der jährlichen Rentenzahlungen aus dem Jahr 2020.

Zudem ist die Anlage in Aktien zufälligen Schwankungen unterworfen. Die tatsächliche Verzinsung kann in einzelnen Jahren deutlich unter der im Durchschnitt erwartbaren Verzinsung liegen. Geschieht ein solcher Kurssturz kurz vor Renteneintritt ist dies in kapitalgedeckten Modellen unter Umständen mit erheblichen Einbußen für den Einzelnen verbunden. In der gesetzlichen Grundsicherung, die vielen Menschen als Basis ihrer Altersvorsorge dient, ist es wünschenswert diese Marktrisiko auf ein vernünftiges Maß einzugrenzen.

Ein Stausee glättet die Erträge über die Zeit

Wir untersuchen ein Modell, in dem ein direkter Einstieg in die kapitalgedeckte gesetzliche Rente aus den laufenden Beiträgen der Arbeitnehmer vorgesehen ist und das Marktrisiko minimiert wird. Wir beschränken uns auf die Modellierung der Ansparphase. Ziel ist eine möglichst gleichmäßige Zuteilung der Kapitalerträge, unabhängig davon zu welcher Alterskohorte ein Sparer gehört. Gleiche Einzahlungen sollen idealerweise zu gleichem Kapital am Rentenbeginn führen. Die Zuteilungen der Kapitalerträge auf die einzelnen Sparer werden hierfür durch einen kollektiven Sparmechanismus über die Zeit geglättet.

In diesem Vorschlag funktioniert der oben erwähnte Kapitalstock aus Bundesmitteln nur sekundär als Quelle für Kapitalerträge. Primär ist er als Erstauffüllung eines Fonds zur Zwischenspeicherung von Erträgen vorgesehen. Man kann sich das wie das Funktionieren eines Stausees vorstellen.

Im ersten Schritt wird der Stausee gefüllt. Die Beiträge zur kapitalgedeckten Rente werden also gesammelt. Hat der Stausee den gewünschten Füllstand erreicht, wird Wasser in einem stetigen Strom so abgelassen, dass der See langfristig seine Füllmenge behält. Der Abfluss bleibt stetig, auch wenn durch ausbleibenden Regen und Verdunstung die Wassermenge vorübergehend vom Sollvolumen nach unten oder bei viel Regen nach oben abweicht. Das Volumen des Rentenfonds fällt diesem Bild entsprechend also in schlechten Marktphasen unter und in guten Marktphasen über den Normalpegel. Unabhängig von diesen Schwankungen können die Rentenzuteilungen dagegen stetig weitergehen. Anpassungen werden nur nötig, wenn sich aufgrund von demografischen Entwicklungen oder Gesetzesänderungen der langfristige Zustrom der Beiträge ändert. Das Stausee-Prinzip wurde bereits im Jahr 2018 unter dem Stichwort „kollektives Sparen“ im Zusammenhang mit betrieblicher Altersvorsorge untersucht.4

Erste Zahlenbeispiele zum Modell

Veranschaulichen wir uns die Funktionsweise des Stausee-Modells zunächst anhand eines Zahlenbeispiels über 4 Perioden. Angenommen wir haben anfänglich Sparbeiträge von 75 Euro und einen Bundeszuschuss bzw. eine initiale Reserve von 25 Euro. Das Gesamtvermögen bzw. das Volumen des Stausees beläuft sich damit zu Beginn auf 100 Euro. Den Sparern soll in jeder Periode eine feste Verzinsung von 2,7 % auf ihre Beiträge zugeteilt werden. Die tatsächlichen Kapitalerträge der vier Perioden seien 6 %, -2 %, 4 % und 3 %. Der Übersichtlichkeit halber runden wir auf eine Nachkommastelle.

Wie entwickelt sich das Modell? In der ersten Periode steigt das Gesamtvermögen um sechs Prozent auf 106 Euro und die Sparer bekommen 2,7% Zinsen, d.h. ihr Vermögen steigt auf 77 Euro. Die restlichen 4 Euro des Ertrages verbleiben in der Reserve, die sich damit von 25 auf 29 Euro erhöht. Die Reservequote unseres Stausees, d.h. das Verhältnis von Reserve zu Gesamtvermögen, ist somit von 25 % auf 27,3 % angestiegen. In der zweiten Periode verringert sich das Vermögen um 2 % auf 103,9 Euro, die Guthaben steigen um weitere 2,7 % auf 79,1 Euro. Ermöglicht wird dies durch die Reserve, die auf 24,8 Euro sinkt, um die Zuteilung zu finanzieren. Die Reservequote fällt dementsprechend auf 23,8 %. In den beiden folgenden Perioden erholt sich die Reservequote, da die tatsächlichen Renditen mit 4 % und 3 % oberhalb der fixen Zuteilung von 2,7 % liegen. Die vollständigen Werte finden sich in Tabelle 1.

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In einer Verallgemeinerung des Modells, machen wir die Zuteilung für die Sparer nun von der Reservequote abhängig. Den Sparern werden dann nicht konstant 2,7 % an Ertrag zugeteilt. Die Zuteilung wird ausgehend von 2,7 % angepasst, abhängig davon, ob das Verhältnis von Reserve zu Vermögen einen anfänglich gewählten Sollwert zu Beginn einer Periode übersteigt oder unterschreitet. Angenommen wir wollen Abweichungen zu 50 % in der Zuteilung berücksichtigen und streben die anfängliche Reservequote von 25 % als unseren Sollwert an.

Dann entwickelt sich unser Modell unter ansonsten gleichen Annahmen wie folgt: In der ersten Periode stimmen tatsächliche und angestrebte Reservequote überein. Die Wertentwicklungen sind damit identisch derer aus dem ersten Beispiel. In der 2. Periode erhalten die Sparer aufgrund des aus der Vorperiode gut gefüllten Stausees neben den 2,7% Durchschnittsertrag zusätzlich 1,15 % zugeteilt, da die Reservequote 2,3 Prozentpunkte über dem Sollwert von 25 % notiert. Insgesamt beträgt die Zuteilung in dieser Periode 3,9 %. Das den Sparern zugeteilte Vermögen steigt auf 80 Euro. Gleichzeitig sinkt das Gesamtvermögen wie im ersten Beispiel auf 103,9 Euro. Aufgefangen wird die erhöhte Zuteilung erneut durch die Reserve, welche auf 23,9 Euro sinkt. Die neue Reservequote liegt dann mit 23 % um 0,8 Prozentpunkte unter der aus dem ersten Beispiel und 2 Prozentpunkte unter dem Sollwert von 25 %. Folglich wird die Zuteilung an die Sparer in der dritten Periode um 50 % von 2 Prozentpunkten, also um einen Prozentpunkt, gekürzt. Sie fällt mit 1,7 % dementsprechend gering aus. Dafür erholt sich die Reserve und damit die Reservequote deutlich auf 24,7 %. Sie liegt nun wieder annähernd auf dem gleichen Niveau wie im ersten Beispiel. Daher fällt die letzte Zuteilung dann mit 2,5 % wieder sehr ähnlich zu der aus dem ersten Beispiel aus. Die kompletten Werte finden sich in Tabelle 2.

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Der S&P 500 als Basisindex

Nach diesen einführenden Beispielen spezifizieren wir für detailliertere Untersuchungen zunächst die Kapitalanlage. Das gesamte Vermögen, also Beiträge und Zuschuss, sollen gemeinsam in den S&P 500 investiert werden. Der MSCI World ist für eine global diversifizierte Kapitalanlage zwar repräsentativer, aber unsere Daten zum S&P 500 reichen deutlich weiter in die Vergangenheit. Wir beziehen durch diese Indexwahl insbesondere die Finanzkrise des Jahres 1929 in unsere Rechnungen ein. Überdies weichen die beiden Indizes im Hinblick auf durchschnittlichen Ertrag und Volatilität seit 1970 nur geringfügig voneinander ab. Abbildung 1 zeigt die historischen Wertschwankungen des S&P 500. Die Spannbreite reicht von 29 % Wertzuwachs bis zu Verlusten von 25 % in einem Quartal. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit zur Glättung der Erträge.

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Das Modell in expliziten Formeln

Auf Basis der historischen Quartalsergebnisse des S&P 500 simulieren wir für 30 Jahre, bzw. 120 Quartale, die zukünftigen Erträge E1 bis E120. Das Gesamtvermögen Vt, bestehend aus der Summe von individuellen Anteilen Pt der einzelnen Sparer und kollektiver Reserve Rt, wird mit dem Ertrag Et des Index verzinst. Den Konten der individuellen Beiträge Pt wird die Verzinsung Zt gutgeschrieben. Diese richtet sich zu einem vorzugebenden Grad nach dem Verhältnis der ReserveRt-1 zum Gesamtvermögen Vt-1 aus dem Vorquartal. Sie weicht somit in der Regel von Et ab. Formal setzen wir

Z= Ê α⋅(Rt-1/Vt-1-RQ)

für t=1,,120, wobei RQ die Zielreservequote bzw. den Sollwert der Reservequote darstellt. Ê repräsentiert den durchschnittlich an die Sparer weiterzugebenden Ertrag. Der Parameter α bestimmt die Abhängigkeit der Zuteilung basierend auf der Differenz aus Ist- und Sollreservequote. Für α= 0 ist die Zuteilung unabhängig von dieser Differenz. Gilt 0<α<1 und ist die Reserve Rt-1 im Verhältnis zum Gesamtvermögen Vt-1 größer als RQ, d.h. der Stausee nach vielen ertragreichen Jahren gut gefüllt, wird mehr als der mittlere Ertrag Ê zugeteilt. Nach Jahren mit ausgeprägten Dürreperioden, verringert sich die Zuteilung entsprechend. V0,P0 und R0 können, wie in den obigen Zahlenbeispielen geschehen, beliebig normiert vorgeben werden.

Wir nehmen zusätzlich vereinfachend an, dass sich die Reservequote nicht aufgrund zukünftiger Beiträge verändert. Oder anders gesprochen: Beiträge der kommenden Jahre werden durch weitere Bundeszuschüsse ergänzt, so dass die Reservequote stabil bleibt. Da gegenwärtig für die nächsten Jahren weitere Sonderzuschüsse in ähnlicher Höhe wie die anfänglichen zehn Milliarden geplant sind, ist diese Annahme plausibel. Rentenzahlungen nach Auslaufen der Bundeszuschüsse ziehen Entnahmen aus dem Stausee in gleichem relativen Umfang nach sich. Dies ist ebenfalls plausibel, da Sonderzuschüsse wohl nur so lange fließen werden, bis das System „eingeschwungen“ ist und Ein- und Auszahlungen sich ungefähr die Waage halten.

Eine konstante Zuteilung an die Sparer wirft Probleme auf

Mit verschiedenen Parameter-Kombinationen simulieren wir im Folgenden jeweils 1001 Pfade des Modells. Hierfür unterstellen wir, dass wie eingangs erwähnt zwei Prozentpunkte des aktuellen Rentenbeitrags von 18,6 %, also rund zehn Prozent des Beitrags, ab sofort zur individuellen Kapitaldeckung verwendet werden.5 Für die sich daraus ergebenden gut 30 Milliarden Sparbeiträge liefert der Bundeszuschuss von zehn Milliarden daher eine Startreserve von 25 %. Insgesamt entsteht so ein Sondervermögen von anfänglich 40 Milliarden Euro. Wir setzen daher V0=  40, P0= 30 und R0=10.

Der Sollstand der Reservequote folgt direkt aus einem Gleichbehandlungsgedanken: Um die ersten Einzahler strukturell weder zu bevorzugen noch zu benachteiligen, setzen wir die Zielreserve RQ gleich der Anfangsreserve, d.h. auf 25 % des gesamten Sondervermögens. Bis auf den im Durchschnitt weitergegebenen Ertrag Ê und den Anpassungsparameter α ist das Modell damit bestimmt.

Der historische Durchschnittsertrag pro Quartal des S&P 500 Total Return seit 1928 beträgt 2,7 %, was eine obere Schranke für Ê markiert, da auf lange Sicht nicht mehr Ertrag erwartet werden kann. Für eine absolute Gleichbehandlung aller Rentner müsste α = 0 gewählt werden. Denn wählen wir Ê=2,7% und α= 0, entspricht das Modell für alle Rentnerkohorten einem Sparbuch mit festem Zins. Die Zuteilung ist vom aktuellen Füllstand unabhängig und es gilt Zt=2,7%. Im Hintergrund wird das Vermögen mit den (volatilen) Erträgen des Kapitalmarkts verzinst. Die Situation entspricht der aus unserem ersten Beispiel von oben.

Für die Sparer entsteht dadurch maximaler Ertrag bei völliger Gleichbehandlung. Diese Maximallösung ist aber nur umsetzbar, wenn als „Backup“ eine externe Finanzquelle zur Verfügung steht. Denn in mehr als 50 % der simulierten Szenarien sinkt die Reservequote für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren auf negative Werte ab. Ein Pfad weist gar eine negative Reserve über den gesamten Zeitraum von 30 Jahren auf. Ist die Reserve negativ, übersteigt das Guthaben der Sparer das Gesamtvermögen und die entstehende Lücke muss mit Zuschüssen finanziert werden. Kurzfristige Kassenkredite wären für einen Rentenfonds grundsätzlich zwar möglich, aber wenn das Risiko besteht, dass eine externe Finanzierung über 30 Jahre benötigt wird, kann man nicht mehr von einer beitragsfinanzierten, kapitalgedeckten Rente sprechen.

Ein Trade-off zwischen Gleichbehandlung und Rendite

Zur praktischen Umsetzung des Modells des kollektiven Sparens gilt es daher, eine Abwägung unter Nebenbedingungen zu treffen: Einerseits möchte man eine hohe Rendite durch Wahl einer möglichst großen Durchschnittszuteilung Ê erreichen. Andererseits sollen alle Alterskohorten nach Möglichkeit gleichbehandelt werden, was durch die Wahl eines möglichst kleinen α bewirkt wird. Vorübergehende Dürreperioden können zwar durch Kreditaufnahme überbrückt werden. Aber diese muss überschaubar bleiben. Wir suchen daher eine optimale Kombination von Ê und α unter der Nebenbedingung, dass nicht mehr als 5 Jahre lang am Stück eine negative Reserve vorliegt (d.h. Teile des Sondervermögens Vt höchstens 20 Quartale zwischenfinanziert werden müssen).

Modellrechnungen ergeben, dass mit α= 10% und Ê=1,35% eine Parameterkombination existiert, welche die Nebenbedingung einhält, und sowohl zufriedenstellende Erträge als auch hinreichend gleichmäßige Zuteilungen liefert. Es gilt

Z1,35% + 10%⋅ (Rt-1/Vt-1 25%).                        ()

Wir untersuchen im Folgenden den Medianpfad, d.h. den Pfad der Simulationen zwischen den jeweils 500 besseren und schlechteren Entwicklungen des Gesamtvermögens. Abbildung 2 zeigt den Verlauf des Gesamtvermögens, der Reserve und des Kapitals der Sparer. Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Reservequote im zeitlichen Ablauf.

Ein Vorschlag zur Ausgestaltung der Aktienrente -
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Der ausgleichende Effekt des Stausee-Modells auf die Guthaben der Sparer durch Anpassung der Reserve ist klar ersichtlich. Während das Gesamtvermögen erheblicher Volatilität unterworfen ist, verläuft die Wertentwicklung für die Sparer deutlich glatter. Gut zu erkennen ist auch der lediglich kurzfristige Liquiditätsengpass in Quartal 25 und 26.

Die vorgenommene Abwägung zwischen Rendite und Gleichbehandlung zeigen die Abbildungen 4 und 5 auf. In Abbildung 4 vergleichen wir die Wertentwicklung des Guthabens der Sparer im kollektiven Modell, mit der Wertentwicklung bei individueller Anlage ohne Stausee-Modell, kurz It.

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Über den gesamten Simulationszeitraum von 30 Jahren unterscheiden sich kollektive und individuelle Anlage in ihrer jährlichen Durchschnittsrendite nur um 0,3 Prozentpunkte. Die individuelle Anlage erreicht unter erheblichen Schwankungen über den gesamten Zeitraum im Schnitt 10 % Rendite pro Jahr. Das für die Rentenzahlungen verfügbare Sparkapital unterscheidet sich aber erheblich für Sparer, die nach 94 oder 114 Quartalen mit der Rente beginnen. Die Alternative im Stausee-Modell erbringt über denselben Zeitraum eine Rendite von 9,7 % pro Jahr. Durch einen unwesentlichen Abschlag wird hier erreicht, dass es nur zu geringen Unterschieden zwischen Sparern mit unterschiedlichem Rentenbeginn kommt.

Abbildung 5 zeigt die weitestgehende Gleichberechtigung verschiedener Alterskohorten. Wir vergleichen die Wertentwicklung der Guthaben der Sparer mit der Wertentwicklung Kt  bei konstanter Verzinsung mit dem 30-jährigen Durchschnittszins des Guthabens der Sparer.

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Auf der logarithmischen Skala erkennt man, dass die Verzinsung der Guthaben der Sparer bis auf wenige Umbrüche parallel zur konstanten Verzinsung verläuft. Insbesondere ist sie in den Quartalen 35 bis 75, also über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg nahezu konstant. Über den kompletten Zeitraum kann von einer stabilen Zuteilung bei unterschiedlichem Rentenbeginn gesprochen werden. Damit ist die hinreichende Gleichbehandlung aller Rentner gesichert.

Kollektives Sparen bringt dem Einzelnen Rendite und Sicherheit

Es bleibt die Frage zu klären, welche Rendite der Einzelne für monatlich laufende Beiträge bei der in Gleichung ⋆ im letzten Abschnitt vorgeschlagenen Parameterkombination erwarten kann. Wir wollen dies anhand zweier 15-jähriger Sparpläne mit konstanten monatlichen Beiträgen untersuchen. Wir erhalten so exemplarisch zwei mögliche Wertentwicklungen für einen heute 52 Jahren alten Beitragszahler bis zu seinem Renteneintritt mit 67 Jahren.

Wir nehmen ein monatliches Bruttogehalt von 2.000 Euro an. Damit fließen ca. 40 Euro (also zwei Prozentpunkte des gesamten Rentenbeitrags von 18,6 Prozent) monatlich in den Stausee. Die Summe der Beiträge beläuft sich über die 15 Jahre auf 7.200 Euro. Für die unterliegende Wertentwicklung verwenden wir den bereits oben untersuchten Medianpfad. Wir zerlegen diesen in zwei Stücke mit jeweils fünfzehn Jahren Laufzeit. Sparplan 1 zeigt die Wertentwicklung auf Basis der Entwicklung von Vermögen, individueller Zuteilung und Reserve der ersten 15 Jahre im Medianpfad. Sparplan 2 basiert auf den Jahren 16 bis 30. Aufgrund der unterschiedlichen unterliegenden Wertentwicklung und einer über die Zeit nicht ganz gleichmäßigen Zuteilung der Erträge unterscheiden sich die Wertentwicklungen der beiden Sparpläne geringfügig. Abbildung 6 zeigt die sehr ähnliche, positive Entwicklung der beiden Sparpläne zusammen mit der Summe der Nettobeiträge.

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Aus den insgesamt eingezahlten 7.200 Euro würden trotz der kurzen Ansparphase in beiden Fällen rund 14.000 Euro Kapital zu Rentenbeginn. Die jährlichen Durchschnittsrenditen der zugehörigen Sparpläne unterscheiden sich aufgrund des Glättungsmechanismus nur geringfügig. Ein Sparplan über die ersten 15 Jahre erzielt durchschnittlich 8 % Rendite pro Jahr. Über die zweiten 15 Jahre sind es im Schnitt jährlich 8,5 % Rendite.

Zusätzlich bemerkenswert ist die Tatsache, dass der Sparplan im Gegensatz zu einem Sparplan ohne Stausee-Modell zu keiner Zeit Wertverluste im Vergleich zum Vorquartal realisieren muss. Dies sollte Verlustängsten vorbeugen und die gesellschaftliche Akzeptanz des Modells erhöhen.

Das Stausee-Modell ist generationengerecht und kann mit flexiblem Renteneintrittsalter umgehen

Das Stausee-Modell verteilt die Kapitalerträge über die Zeit. Ein einzelner Sparer könnte es dabei als unfair empfinden, dass Erträge aus seiner Zeit als Einzahler möglicherweise späteren Generationen zugutekommen. Da aber niemand im Vorhinein weiß, ob er in ertragreichen Zeiten oder in Dürreperioden leben wird, wird eine Antwort auf die Frage der Fairness durch den „Schleier der Unwissenheit“6 verdeckt. Auf diese Weise schließen wir seit Jahrzehnten klassische Versicherungsverträge ab. Zu Versicherungsbeginn ist keinem der Versicherten bekannt, ob er einen Schaden erleiden wird oder nicht. Geschützt sind damit alle Versicherten gleichermaßen. Insofern kann man das Stauseemodell als Auszahlungsversicherung interpretieren.

Wenn auch (noch) zurückhaltend, wird in der Politik über ein flexibles Rentenalter nachgedacht.7 Zukunftsfeste Modelle sollten dies daher berücksichtigen können. Mit der Einführung eines flexiblen Renteneintrittsalters ist das Stausee-Modell gut verträglich. Arbeitnehmer, die über die aktuelle Altersgrenze hinaus arbeiten, bezahlen länger in das System ein, erwerben somit mehr Anteile und erhalten dementsprechend später höhere Auszahlungen.

Bloß nicht alles auf eine Karte setzen – der Home Bias

Zum Abschluss sei der Staat noch davor gewarnt, mit der Aktienrente parallel Wirtschaftspolitik betreiben zu wollen, indem man die Beiträge kollektiver Sparpläne beispielsweise bevorzugt in deutsche Unternehmen investiert oder bestimmte Branchen aus politischen Motiven ausschließt. Wie bereits oben erwähnt sollten die Investitionen sich an weltweit investierten Indizes wie dem MSCI World orientieren. Nur so entsteht ein Optimum an Diversifikation. Der Kursverfall des japanischen Nikkei-Index in den Jahren 1990 bis 2010 zeigt die Risiken der Beschränkung auf Unternehmen einer einzelnen Volkswirtschaft (siehe Abbildung 7).

Ein Vorschlag zur Ausgestaltung der Aktienrente -

Wie das Beispiel der Privatisierung der deutschen Telekom gezeigt hat, kann die politische Steuerung von Anlageentscheidungen das Vertrauen ganzer Anlegergenerationen in den Kapitalmarkt zerstören. Das Gelingen des Projekts Aktienrente stünde auf dem Spiel. Vielmehr muss der Erfolg des schwedischen Staatsfond AP7 mit globaler Streuung Vorbild sein.8

Wenn wir zügig beginnen, haben kommende Generationen noch (Rendite-) Chancen

Wie wir gesehen haben, liefert das vorgeschlagene Stausee-Modell zufriedenstellende Kapitalerträge und eine angemessene Gleichbehandlung verschiedener Alterskohorten, ohne auf staatliche Finanzierungszuschüsse zum Ausgleich von Marktschwankungen angewiesen zu sein. Der geplante Beitragszuschuss des Bundes entfaltet in einem solchen Modell, bei sofortigem Einstieg mit zwei Prozentpunkten der Rentenbeiträge jedes Beitragszahlers in eine kapitalgedeckte gesetzliche Aktienrente, direkt Wirkung.

Für die jetzt in Rente gehende Generation der Baby-Boomer kommt die Aktienrente jedoch zu spät. Umso wichtiger ist es, der jüngeren Erwerbsbevölkerung, die durch hohe Rentenbeiträge und Steuern aufgrund der Versäumnisse der Politik nun die Baby Boomer versorgen muss, eine Perspektive für die eigene Rentenversorgung zu schaffen.

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