Spätestens seit der Wiederwahl von Donald Trump zum Präsidenten der USA ist die Finanzierung der europäischen Verteidigung zu einem dringenden Thema geworden. In Deutschland, mit einer vergleichbar noch niedrigen Staatsschuldenquote von 63 % des Bruttoinlandsprodukts, wird nun über die Aufnahme neuer Schulden für die militärische Aufrüstung und die Sanierung der Infrastruktur beraten. Auch auf europäischer Ebene dürften massive neue Staatsanleiheemissionen erforderlich sein, um die Aufrüstung des Kontinents zu finanzieren. Diese Neuverschuldung könnte mittelfristig eine neue Inflationswelle auslösen, da sie nicht durch erwartete Budgetüberschüsse gedeckt ist und ein erheblicher Teil der Emissionen wahrscheinlich von der EZB aufgekauft werden muss. Für Anleger bleibt die Herausforderung, sich bestmöglich gegen Inflation abzusichern. In der Vergangenheit erwiesen sich Sachwerte wie Gold und Aktien als die besseren Inflationsabsicherungen in turbulenten Zeiten.
Steigendes Angebot an Staatsanleihen
Eine schuldenfinanzierte Erhöhung der europäischen Verteidigungsausgaben würde zu einem starken Anstieg des Anleiheangebots führen. Im Jahr 2024 betrugen die Bruttoneuemissionen von Anleihen mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr rund 1,9 Billionen Euro in der EU und 1,5 Billionen Euro in der Eurozone (Abbildung 1). Die Nettoneuverschuldung belief sich auf 700 Milliarden Euro in der EU und 462 Milliarden Euro in der Eurozone. Sollte der Länderblock die Verteidigungsausgaben von derzeit knapp 2 % des BIP auf 5 % im Jahr 2025 erhöhen und der Refinanzierungsbedarf unverändert bleiben, wären bei einem nominalen BIP-Wachstum von 2 % jährliche Neuemissionen von 2,5 Billionen Euro in der EU und 2 Billionen Euro in der Eurozone erforderlich. Dies entspräche einem zusätzlichen Finanzierungsbedarf von 600 Milliarden Euro in der EU und 500 Milliarden Euro in der Eurozone allein für 2025. Die Nettoneuverschuldung würde dann auf 1,3 Billionen Euro in der EU und 962 Milliarden Euro in der Eurozone steigen – Summen, für die Investoren gefunden werden müssten.

Im Zuge der Corona-Krise wurde im Jahr 2020 eine vergleichbar große Summe emittiert. Damals betrugen die Bruttoneuemissionen knapp 1,6 Bio. Euro, wobei 1,1 Bio. Euro Nettoneuverschuldung waren. Die EZB hat bis Ende 2020 95% dieser Neuemissionen aufgekauft.1 Der Rest folgte in den kommenden Jahren.
Die Neuemissionen werden bereits eingepreist
Die Märkte preisen einen starken Anstieg des Angebots an Staatsanleihen ein. Insbesondere deutsche Staatsanleihen wurden bereits Ende 2024 mit dem frühzeitigen Ende der Regierungskoalition verkauft, vielleicht weil die Investoren ahnten, dass die Schuldenbremse gelockert werden könnte. Nun, mit der konkreten Ankündigung eines „Sondervermögens“ in Höhe von 500 Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur und der Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben ab einer Höhe von 1 % des BIPs, stieg die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen weiter an (Abbildung 2).

Die Unsicherheit wächst, und die Bonität Deutschlands könnte zunehmend infrage gestellt werden. In einem Zinsswap sichert sich eine Partei einen festen Zinssatz über eine bestimmte Laufzeit. Die Differenz zwischen dem Swap-Zinssatz und der Rendite einer Bundesanleihe wird als deutscher Swap-Spread bezeichnet. Bis vor einigen Monaten war der 10-jährige deutsche Swap-Spread – die Differenz zwischen dem Zinssatz für 10-jährige Swaps und der Rendite einer 10-jährigen Bundesanleihe – positiv. Doch zuletzt sank er stark ins Negative (Abbildung 2). Dies deutet darauf hin, dass sich Kreditnehmer angesichts wachsender Unsicherheit über die Fiskal- und Geldpolitik verstärkt feste Zinssätze über Swaps sichern.
Trotzdem werden bis Ende des Jahres weitere EZB-Zinssenkungen von mindestens 50 Basispunkten eingepreist. Dies zeigt sich an der impliziten €STR, die aus Zins-Futures abgeleitete Rate für unbesicherte Übernachtkredite im Euro-Währungsraum (Abbildung 3). Da der Zins für die Einlagefazilität die Untergrenze für Interbankenkredite bildet, würde eine Senkung zu einem entsprechenden Rückgang der €STR führen. Für Dezember 2025 wird eine Rate von 2 % eingepreist, was einer Senkung um 50 Basispunkte gegenüber dem aktuellen 2,5 % entspricht.

Inflation als Folge
Es ist nicht zu erwarten, dass der Anstieg der Anleiheemissionen eine einmalige Entwicklung bleibt. Die geopolitischen Turbulenzen und die Tatsache, dass Europa mehr Verantwortung für seine Verteidigung übernehmen muss, lassen vermuten, dass die Verteidigungsausgaben langfristig einen größeren Anteil der Budgets ausmachen werden. Gleichzeitig sind Kürzungen in anderen Bereichen politisch schwer durchsetzbar, wie Frankreich zeigt. Vielmehr bemühen sich die Regierungen darum, die verfassungsrechtlichen Einschränkungen zur Schuldenaufnahme mit Verweis auf die Verteidigungssituation zu lockern.
Die fiskalische Theorie des Preisniveaus (Fiscal Theory of the Price Level, FTPL) ist ein passender theoretischer Rahmen, um die Folgen steigender Staatsverschuldung auf die Inflation zu analysieren.2 Laut der FTPL können steigende Staatsschulden ohne Deckung durch zukünftige Haushaltsüberschüsse zu Inflation führen, da Investoren an der langfristigen Rückzahlungsfähigkeit zweifeln. Nach dieser Theorie ist Inflation die Folge eines fiskalischen Ungleichgewichts: Der reale Wert der Verbindlichkeiten des Staates (Staatsanleihen plus monetäre Basis) ist höher als die erwarteten Budgetüberschüsse, die zur Rückzahlung dieser Verbindlichkeiten erforderlich wären. Deshalb muss durch ein steigendes Preisniveau der reale Wert der Verbindlichkeiten sinken. Investoren verkaufen Staatsanleihen und kaufen stattdessen Güter und Dienstleistungen. Das Preisniveau steigt so weit an, bis der reale Wert der Staatsverbindlichkeiten entsprechend verringert ist.
Der Mechanismus dieser Anpassung ist bereits im Gange. Mit der Ankündigung eines höheren Finanzierungsbedarfs verkaufen Investoren Staatsanleihen, um einem erwarteten Preisverfall durch das zukünftige Angebot zuvorzukommen. Dadurch sinken die Anleihekurse, während die Renditen zuletzt wieder gestiegen sind (Abb. 2). Anschließend werden Güter, reale Vermögenswerte oder alternative Währungen gekauft.
Eine Lockerung der verfassungsrechtlichen Einschränkungen zur Schuldenfinanzierung, wie etwa der deutschen Schuldenbremse und der Maastrichtkriterien, dürfte diese Dynamik weiter beschleunigen. Eine Abschwächung oder gar Abschaffung der Schuldenregeln erleichtert es Regierungen, neue Schulden aufzunehmen, ohne dass sie gleichzeitig für zukünftige Budgetüberschüsse zur Deckung der steigenden Verbindlichkeiten sorgen müssen. Zweifel an der Rückzahlungsfähigkeit der Schulden können zunehmen, was Investoren veranlassen würde, weitere Staatsanleihen zu verkaufen. Dies würde die Renditen weiter erhöhen und die Neuverschuldung verteuern – was die Rückzahlungsfähigkeit weiter erschwert.
Wenn das Vertrauen in die Rückzahlungsfähigkeit des Staates sinkt, leidet auch das Vertrauen in die Stabilität der Währung – ohne dass die Zentralbank viel dagegen tun kann. Wird die Zahlungsfähigkeit des Staates infrage gestellt, bleibt der Zentralbank keine andere Wahl, als die Schulden zu monetisieren, um eine Staatspleite zu vermeiden. Führen die Regierungen im Euroraum ihre kostspieligen Sozialpolitiken weiter, werden sowohl mehr Vermögenswerte als auch Konsumgüter und Dienstleistungen nachgefragt, was sowohl die Vermögens- als auch die Konsumentenpreise erhöht. Wenn sich die Inflation beschleunigt, könnte die Öffentlichkeit das Vertrauen verlieren und Fiat-Kreditgeld im Tausch gegen Waren, Dienstleistungen und Inflationsabsicherungen abstoßen.
Es muss nicht genau nach diesem Muster verlaufen, aber die FTPL macht deutlich, dass das Inflationsrisiko auch ohne Intervention der EZB bestehen würde. Wenn die EZB bereits von Anfang an wie bei der Corona-Krise die Finanzierung der Staaten mitunterstützt, kann die Inflation bereits früher über den klassischen Kanal der Monetisierung der Staatsverschuldung kommen. Ob die EZB bei einer Inflationsrate von derzeit 2,4% mehr Öl ins Inflationsfeuer gießen wird, ist noch offen.
Was tun?
Mit einer starken Wirtschaft lasst sich ein starkes Militär besser finanzieren als mit Schulden. Eine hohe Zinslast verengt später den fiskalischen Spielraum und aufflammende Inflation sorgt für Unzufriedenheit und politische Instabilität. Deshalb wäre eine Konsolidierung des Haushalts, die eine zukünftige Rückzahlung der Schulden und die Finanzierung des Militärs ohne dauerhafte Schuldenaufnahme sichert, für die Verteidigung des Kontinents zielführend. Wenn die heutigen Schulden durch zukünftige Budgetüberschüsse gedeckt wären, wäre das Inflationspotential deutlich niedriger.
Alternativ könnten Länder ihre Aufrüstung durch eine digitale Währung finanzieren, wie von Mayer (2025) vorgeschlagen.3 Aber vermutlich ist es zu spät, um das Experiment kurzfristig zu wagen. Inflation zusammen mit einer Abwertung des Euros ist damit ein wahrscheinliches Szenario.
Für Anleger bleibt es, Inflationsschutz zu suchen. Wie in vergangenen Episoden der Monetisierung von Staatsschulden, bieten Sachwerte einen Inflationsschutz. Konkret haben sich Aktien über längere Anlagehorizonte (über 10 Jahre) hinweg, auch in Zeiten von Finanzkrisen und Kriegen, als Inflationsschutz erwiesen. In akuten Krisenzeiten brachte insbesondere Gold positive Realrenditen.4
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1 Siehe Duarte & Mayer (2021), Unterwerfung: Staatsfinanzierung durch Zentralbanken, Kommentar, Flossbach von Storch Research Institute.
2 Siehe Duarte & Mayer (2025), Eine konstruktive Kritik der fiskalischen Theorie des Preisniveaus. Studie, Flossbach von Storch Research Institute.
3 Siehe Mayer (2025), Europa allein zu Haus, Kommentar, Flossbach von Storch Research Institute.
4 Siehe Mayer (2022), Die Aktienanlage widersteht der Inflation, Studie, Flossbach von Storch Research Institute.
Glossar
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