Die Preise steigen immer weiter – ein Fall für die internationalen Notenbanken. Aber können sie die Inflation überhaupt noch stoppen?
Erstmals seit Jahrzehnten wird die Inflation wieder von vielen Menschen bewusst (und als sehr schmerzhaft) wahrgenommen. Sie ist auch in der Wirtschaft angekommen. Um den Kaufkraftverlust zu kompensieren, verlangen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer höhere Löhne. Die Unternehmen müssen dann höhere Preise verlangen, damit die gestiegenen Lohnkosten nicht zu einem Einbruch ihrer Gewinne führen. Wenn sich hohe Inflationserwartungen in den Köpfen der Menschen fest verankert haben und ihre Lohnforderungen mindestens einen Inflationsausgleich verlangen, jagen die Löhne die Preise und diese wiederum die Löhne.
Ist dieser Prozess erst einmal in Gang gesetzt, lässt sich die Dynamik nur noch schwer stoppen. Noch wäre es verfrüht von einer echten Lohn-Preis-Spirale zu sprechen, die sich über mehrere Lohnrunden etablieren muss. Wir nähern uns aber einem Kipppunkt, ab dem es den Zentralbanken sehr schwerfallen wird, den Trend zu brechen und die angestrebte Inflationszielmarke von zwei Prozent auch nur annähernd zu erreichen.
Der US-Notenbankchef Jerome Powell hat dies inzwischen erkannt und mit der jüngsten Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte mehr Entschlossenheit demonstriert. Powell bewundert seinen legendären Vorgänger Paul Volcker, der von 1979 bis 1987 Vorsitzender der US-Notenbank war.
Als die Inflation Ende der Siebzigerjahre immer bedrohlicher wurde und auf über zwölf Prozent stieg, trat der frisch zum Fed-Chef ernannte Volcker auf die Bremse. Er erhöhte die Leitzinsen zunächst auf 15 Prozent und senkte sie dann wieder ein wenig (siehe Grafik).
Als die Inflation dann weiter auf mehr als 14 Prozent stieg, riskierte er eine Vollbremsung. Er erhöhte den Leitzins auf heute unvorstellbare 20 Prozent, wartete ab, ließ das Pedal wieder los und trat erneut auf die Bremse, als sich die Inflation immer noch nicht geschlagen geben wollte.
Im Zuge dieser „Stop and Go“-Politik erhöhte er den Leitzins insgesamt viermal auf 20 Prozent und drückte die Inflation bis Ende 1982 auf vier Prozent. Der Leitzins betrug zu diesem Zeitpunkt immer noch stolze 8,5 Prozent, was einen Realzins von 4,3 Prozent bedeutete.
Dieses Bremsmanöver kostete Gummi, die Wirtschaft fiel in eine Rezession . Schlussendlich besiegte Volcker aber nicht nur die Inflation, sondern rettete auch das ungedeckte Giralgeldsystem, das zehn Jahre nach dem Ende der Goldpreisbindung auf der Kippe stand. Paul Volcker konnte sich diesen Drahtseilakt leisten, weil die Staatsverschuldung in den USA damals weniger als 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrug und nicht 125 Prozent wie heute.
Jerome Powell könnte nun ebenfalls versuchen, eine solche „Stop and Go“-Taktik anzuwenden, allerdings auf deutlich niedrigerem Niveau, denn sein Handlungsspielraum ist aufgrund der hohen Staatsverschuldung sehr viel geringer.
Zinsen oberhalb der Inflationsrate, die früher erforderlich waren, um den Preisauftrieb zu drücken, sind heute bei Inflationsraten von sieben oder acht Prozent nicht mehr denkbar. So bleibt nur die Hoffnung, dass der angebotsseitige Inflationsdruck wieder abnimmt und die Inflation von sich aus den Rückzug antritt.
Verschiedene Fachbegriffe aus der Welt der Finanzen finden Sie in unserem Glossar erklärt.
RECHTLICHER HINWEIS
Diese Veröffentlichung dient unter anderem als Werbemitteilung.
Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen und zum Ausdruck gebrachten Meinungen geben die Einschätzungen von Flossbach von Storch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wieder und können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Angaben zu in die Zukunft gerichteten Aussagen spiegeln die Zukunftserwartung von Flossbach von Storch wider, können aber erheblich von den tatsächlichen Entwicklungen und Ergebnissen abweichen. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden. Der Wert jedes Investments kann sinken oder steigen und Sie erhalten möglicherweise nicht den investierten Geldbetrag zurück.
Mit dieser Veröffentlichung wird kein Angebot zum Verkauf, Kauf oder zur Zeichnung von Wertpapieren oder sonstigen Titeln unterbreitet. Die enthaltenen Informationen und Einschätzungen stellen keine Anlageberatung oder sonstige Empfehlung dar. Sie ersetzen unter anderem keine individuelle Anlageberatung.
Diese Veröffentlichung unterliegt urheber-, marken- und gewerblichen Schutzrechten. Eine Vervielfältigung, Verbreitung, Bereithaltung zum Abruf oder Online-Zugänglichmachung (Übernahme in andere Webseite) der Veröffentlichung ganz oder teilweise, in veränderter oder unveränderter Form ist nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung von Flossbach von Storch zulässig.
Angaben zu historischen Wertentwicklungen sind kein Indikator für zukünftige Wertentwicklungen.
© 2024 Flossbach von Storch. Alle Rechte vorbehalten.