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Währungen unter der Lupe

- Julian Marx

Dollar, Franken, Renminbi & Co.: Wir nehmen sechs unterschiedliche Währungen und Währungsmärkte unter die Lupe.

Die US-Wirtschaft ist die größte und leistungsstärkste Volkswirtschaft der Welt. Auf sie entfällt derzeit rund ein Viertel der weltweiten Wirtschaftsleistung. Auch die internationale Nutzung des US-Dollars sucht ihresgleichen. Fast 60 Prozent aller weltweit von Notenbanken gehaltenen Fremdwährungsreserven lauten auf US-Dollar.

Im internationalen Devisenhandel wird zudem keine Währung häufiger gehandelt als der US-Dollar. In mehr als 80 Prozent der Devisentransaktionen am Kassamarkt ist der US-Dollar Teil des gehandelten Währungspaars. Darüber hinaus verfügen US-Auslandsinvestoren über einen guten Zugang zum US-Kapitalmarkt. Ende 2022 hatten sie rund 45 Billionen US-Dollar in den USA investiert – vorwiegend über Direktinvestitionen oder Wertpapieranlagen. Insofern ist die Attraktivität des US-Kapitalmarkts wohl unbestritten.

Gleichwohl gibt es auch ein nicht unerhebliches Manko. So ist die US-Leistungsbilanz chronisch defizitär, was für sich genommen gegen eine strukturelle Aufwertung des US-Dollars sprechen würde. Das seit 1992 kumulierte Leistungsbilanzdefizit der USA beläuft sich auf gut 13.000 Milliarden US-Dollar. Im vergangenen Jahr lag das Leistungsbilanzdefizit bei rund drei Prozent des BIP.

Der Hauptgrund: Die USA importieren deutlich mehr Waren, als sie exportieren. Das Defizit im Warenhandel betrug im vergangenen Jahr fast 90 Milliarden US-Dollar pro Monat.

Chinesischer Renminbi

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Chinas und die Attraktivität des chinesischen Absatzmarkts sind unbestritten. China ist nicht nur die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, im Jahr 2018 überstieg das chinesische Bruttoinlandsprodukt (in US-Dollar gemessen) sogar erstmals das der gesamten Eurozone. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2000 betrug die chinesische Wirtschaftsleistung nur knapp ein Fünftel der Wirtschaftsleistung der Eurozone.

Auch nach vorne schauend wird der chinesischen Wirtschaft eine steigende Relevanz prognostiziert. Im Zuge einer zunehmenden Handelsverflechtung der chinesischen Wirtschaft könnte auch die Bedeutung des chinesischen Renminbis weiter ansteigen, wenn weltweit immer mehr Importe in Renminbi fakturiert würden.

Doch zur Wahrheit gehört auch, dass Investitionen in China derzeit dem Willen einer autokratischen Führung ausgesetzt sind. Daher wäre selbst im Fall einer zunehmenden Öffnung des chinesischen Kapitalmarkts keineswegs sichergestellt, dass der Renminbi profitieren würde.

Denn damit sind auch immer Risiken für die eigene Währung verbunden. Offene Kapitalmärkte ziehen schließlich nicht nur das Kapital ausländischer Investoren an. Sie ermöglichen auch den heimischen Investoren, ihr Geld im Ausland anzulegen. Dass Kapitalflüsse keine Einbahnstraße sind, musste China erstmals im dritten Quartal 2023 erfahren, als Auslandsinvestoren ihre Direktinvestitionen in China reduzierten.

Auch angesichts verschiedenster (geo-)politischer Interessen bleibt daher ein großes Fragezeichen, ob sich der Renminbi – trotz der wirtschaftlichen Stärke Chinas – eines Tages als alternative Leitwährung zum US-Dollar etablieren kann.

Japanischer Yen

Japan, dessen Bevölkerung seit 2010 um gut drei Millionen Menschen schrumpfte, altert immer schneller. Der Bevölkerungsanteil der über 65-Jährigen kletterte seither von 23 auf 30 Prozent. Doch nicht nur die demografischen Herausforderungen sind offenkundig.

Auch die seit Jahrzehnten ultraexpansive Geldpolitik der Bank of Japan (BoJ) wird angesichts weltweit hoher Inflationsraten zum Auslaufmodell. Zwar beendeten Japans Notenbanker kürzlich ihre Negativzinspolitik. De facto bleibt die geldpolitische Ausrichtung aber unverändert expansiv: Die Leitzinsen bewegen sich nach wie vor nahe der Nulllinie und auch die Käufe japanischer Staatsanleihen gehen munter weiter - zuletzt im monatlichen Volumen von 6 Billionen Yen (ca. 37 Milliarden Euro). Bei einem rapiden Renditeanstieg längerer Laufzeiten würden die Notenbanker ihre Käufe sogar nochmals ausweiten. 

Insgesamt hielten Japans Notenbanker zuletzt rund vierzig Prozent der japanischen Staatsschulden. Das erscheint auch bitter nötig. Denn Japans Finanzminister schöpfen seit Jahrzehnten aus dem Vollen.

So lag das jährliche Primärdefizit Japans (Staatsdefizit vor Zinskosten) in diesem Jahrtausend bei durchschnittlich 4,9 Prozent des BIP. Die Schuldentragfähigkeit des mit mehr als 250 Prozent des BIP verschuldeten Staats ist damit ganz eng an die freundliche Mithilfe der BoJ geknüpft.

Im Ergebnis ist der japanische Yen für Freunde von Hartwährungen schon lange keine Wohlfühloase mehr.

Euro

Die Eurozone ist der Versuch, viele Wirtschaftsräume mit jeweils anderen Bedürfnissen unter einem „geldpolitischen Hut“ zu vereinen. Das sorgt für Konfliktpotenzial. Ein, ökonomisch gesehen, relatives Leichtgewicht wie Griechenland konnte die Eurozone vor einigen Jahren vor eine Zerreißprobe stellen. Gleichzeitig hat ein Euro-Schwergewicht wie Italien seit Jahrzehnten mit magerem Wirtschaftswachstum und hohen Staatsschulden zu kämpfen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) bewegt sich auf einem schmalen Grat. Ihr primäres Mandat gilt der Preisstabilität. Allerdings ist diese Zielsetzung an Nebenbedingungen geknüpft. Lässt sie sich doch nur erfüllen, wenn der Euro Bestand hat. Insofern kann der Kampf gegen auseinanderlaufende Staatsanleiherenditen beziehungsweise eine zunehmende Fragmentierung in der Eurozone oberste Priorität genießen.

Im Ergebnis hat sich die EZB einen Handlungsspielraum eingeräumt, der deutliche Spuren der Staatsfinanzierung aufweist. Nicht nur, dass das Eurosystem zuletzt noch immer rund ein Viertel der italienischen und spanischen Staatsschulden hielt. Zudem rief die EZB 2022 das „Transmission Protection Instrument“ ins Leben, womit sie bei Bedarf unbegrenzt Staatsanleihen von Mitgliedsstaaten kaufen kann.

Es lohnt aber auch, sich die Stärken des Euro in Erinnerung zu rufen. Die Eurozone ist einer der leistungsstärksten Wirtschaftsräume der Welt. Knapp 350 Millionen Bürger oder weniger als fünf Prozent der Weltbevölkerung erwirtschafteten 2023 rund 15 Prozent der Weltwirtschaftsleistung. Zudem gab es zwischen 2012 und 2023 fast ausschließlich Leistungsbilanzüberschüsse. Nur im Jahr 2022 verhagelten die außergewöhnlichen Gas- und Ölpreisanstiege die Leistungsbilanz. Darüber hinaus verfügt der Euro über eine hohe internationale Nutzung - gut 20 Prozent aller von Notenbanken gehaltenen Fremdwährungsreserven sind in Euro denominiert.

Wenngleich Euro und Eurozone hausgemachte Baustellen haben, ist noch immer eine ordentliche wirtschaftliche Substanz gegeben. In Verbindung mit einer ausgeprägten Euro-Nutzung im internationalen Zahlungsverkehr bleibt die Suche nach restlos überzeugenden Alternativenanspruchsvoll.

Norwegische Krone

Norwegens Leistungsbilanz sucht ihresgleichen. In den Jahren 2000 bis 2022 lag der durchschnittliche Leistungsbilanzüberschuss bei gut 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Im Jahr 2022 waren es sogar unglaubliche 30 Prozent des BIP.

Zurückzuführen ist die Stärke im Außenhandel auf Norwegens enorme Öl- und Gasexporte. Mit Abstand wichtigster Abnehmer ist die Europäische Union. Die Öl- und Gasexporte bedeuten für die rund 5,5 Millionen Einwohner des skandinavischen Landes einen enormen und auch langfristigen Wohlstandsgewinn.

Wer aber darauf spekuliert hätte, dass die norwegische Krone als Resultat der immensen Exportüberschüsse in der Vergangenheit spürbar aufgewertet hat, wäre einem Irrglauben unterlegen. Denn eine positive Leistungsbilanz allein bringt noch keine Währungsgewinne mit sich. In diesem Jahrtausend wertete die norwegische Krone um gut 30 Prozent gegenüber dem Euro ab.

Ein wesentlicher Grund dafür dürfte im billionenschweren Staatsfonds liegen, dessen Vermögen sich aus den Öl- und Gaseinnahmen speist und überwiegend im Ausland investiert wird. Zuletzt überstieg das verwaltete Vermögen die Marke von 15 Billionen Kronen. Das sind umgerechnet und pro Kopf mehr als 200.000 Euro an Fondsvermögen, die auf jeden Norweger entfallen. Viel Geld.

Insbesondere wenn man bedenkt, dass es sich bei Norwegen um einen eher kleinen und illiquiden Währungsraum handelt. Die immensen Portfolioinvestitionen im Ausland mildern den aus der Leistungsbilanz resultierenden Aufwertungsdruck der norwegischen Krone also nicht nur ab, sondern können ihn sogar überkompensieren. Insofern hängt die langfristige Währungsentwicklung der norwegischen Krone entscheidend davon ab, wie beziehungsweise wo der Staatsfonds sein Geld investiert.

Schweizer Franken

Sämtliche großen Währungen haben in diesem Jahrtausend spürbar an Wert gegenüber dem Franken eingebüßt: Der Euro und der US-Dollar rund 40 Prozent, das britische Pfund und der Yen sogar mehr als 50 Prozent.

Die Gründe für die Franken-Stärke sind vielfältig. Einerseits verfügt das Land über eine außerordentlich hohe Wirtschaftskraft mit überwiegend üppigen Leistungsbilanzüberschüssen, was die Franken-Nachfrage ankurbelt. So lag der Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz zwischen 2000 und 2022 in 20 von 23 Jahren bei mindestens fünf Prozent des Bruttoinlands-produkts. Daneben verfügt der Schweizer Franken über den Status eines „sicheren Hafens“.

Bereits seit den 1920er-Jahren zeichnete sich der Franken durch eine monetäre und politische Stabilität aus, während in zahlreichen anderen Währungsräumen die De-facto-Aufgabe eines metallischen Währungssystems regelmäßig zur Staatsfinanzierung ausgenutzt wurde. Dieser über Dekaden erworbene Ruf hallt bis heute nach.

Der Wunsch von Anlegerinnen und Anlegern nach (Währungs-)Stabilität äußerte sich nicht zuletzt in den Devisenanlagen der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Bis ins vierte Quartal 2021 hatte die SNB Auslandsdevisen im Gegenwert von mehr als 966 Milliarden Schweizer Franken erworben, um den Aufwertungsdruck auf die heimische Währung abzumildern.

Seither sind die Zinsen im Ausland stärker gestiegen als in der Schweiz, und die SNB konnte ihre Devisenbestände wieder um mehr als 200 Milliarden Franken reduzieren. In Summe ist der Franken wohl eine echte Hartwährung.

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