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Geldanlage
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Über Achterbahnen

- Stephan Fritz

Der „Rummelplatz“ und die Börse haben mehr gemein, als Sie vielleicht glauben mögen. Ein kurzer Rundgang.

Wenn Sie, wie ich, Kinder haben, führt ihr Weg irgendwann im Jahr auf den Rummelplatz. Oder in den Freizeitpark. Zu all ihren Attraktionen: Kettenkarussell, Achterbahn, die Bude der Wahrsagerin oder die Geisterbahn.

Das Wichtigste bei dem Ausflug: Sie brauchen einen Plan. Das gilt im Besonderen für die größeren Parks und Rummelplätze. Wo finde ich die besten Fahrgeschäfte? Welchen Weg sollte ich gehen, um möglichst viele davon innerhalb der Öffnungszeiten (und abhängig von der Stimmung und Kondition der Kinder!) ausprobieren zu können? Wo kann ich eine Pause machen – und Currywurst mit Pommes essen? Wo gibt es Eiscreme?

Noch besser ist es, Sie haben einen kundigen Begleiter dabei; jemanden, der Sie beraten kann, weil er schon häufiger dort war und die Fahrgeschäfte, aber auch Ihre Vorlieben kennt. Der Ihnen deshalb wertvolle Hinweise geben kann, welche Achterbahn zu Ihnen passt – und welche Ihren Magen vermutlich überfordern würde.

Das Passende finden

Er wird Ihnen womöglich sagen können, was von der Wahrsagerin zu halten ist und wie die Chancen an der Losbude sind (mies oder richtig mies?!). Kurzum: Er hilft Ihnen, das zu finden, was wirklich zu Ihnen passt.

Bei der Geldanlage ist es nicht anders. Viele Menschen sind unerfahren und deshalb unsicher bei dem Thema, aus ganz unterschiedlichen, mitunter sehr persönlichen Gründen. Ein Teil von ihnen fühlt sich schlicht und einfach überfordert. Sie brauchen jemanden, der sie unterstützt und ihnen hilft, das Passende für die eigenen Anlageziele und – nicht zuletzt – das eigene Wohlbefinden zu finden.

Und da kommen die „Park-Begleiter“ ins Spiel. Die vielen Berater in den Banken und Sparkassen, aber auch die freien Vermittler und Vermögensverwalter. Sie helfen ihren Kunden, Anlageziele zu definieren und die richtigen Instrumente auszuwählen, um die Ziele dann auch zu erreichen. Sie helfen – um in der Geschichte des Rummelbesuchs zu bleiben –, die richtigen Fahrgeschäfte zu finden, weil sie deren Eigenheiten, die Chancen und Risiken, sehr gut kennen.

Lassen Sie uns gemeinsam – in Gedanken – über den Festplatz schlendern und an zwei Stationen haltmachen, zunächst an der bunten Bude der Wahrsagerin. Die steht meist nahe dem Eingang oder duckt sich irgendwo zwischen zwei größere Fahrgeschäfte. Sie taugt nicht zur großen Attraktion, ist aber sehr beliebt; wer möchte nicht wissen, was die Zukunft bringt? Sehen Sie!

Wahrsagerei ist im Finanzgewerbe weit verbreitet. Nur heißt es dort Prognose. Nehmen wir die Jahresausblicke als Beispiel. Allzu lange dauert es nicht mehr, dann wird wieder vorhergesagt, was das Zeug hält – so wird das Jahr 2024 an den Börsen ... In den Finanzressorts der Zeitungen werden dann die Seiten freigeräumt für große Tabellen mit vielen Prognosen der unterschiedlichsten Prognosegeber, fein säuberlich eingetragen, Spalte neben Spalte, jeweils mit den unterschiedlichen Vorhersagen zu unterschiedlichen Anlagen versehen: Dax, Dow, Euro / US-Dollar, Zins, Ölpreis. Wenn gerade nichts Spektakuläres passiert, taugt die Vorschau gar zum Zeitungs- oder Magazinaufmacher. Verkauft sich gut am Kiosk.

Niemand kann es wissen

Das Vertrauen in die Prognosen der Finanzbranche ist groß, leider. Weil diejenigen, die die Prognose machen, das ist zumindest die Perspektive des geneigten Lesers, sich ja den ganzen Tag über mit nichts anderem beschäftigen als mit den Faktoren, die die Prognose bedingen. Das tun sie, sicherlich, trotzdem vermag heute niemand zu sagen, was morgen ist.

Unzählige Faktoren wirken auf die verschiedenen Märkte ein, auch Unwägbarkeiten und Katastrophen. Eine Vorhersage über einen so kurzen Zeitraum, und nichts anderes sind sechs oder zwölf Monate, ist schlicht unmöglich!

Ich will Ihnen ein kurzes Beispiel geben: Mein Kollege Thomas Lehr, einer unserer beiden Kapitalmarktstrategen, hat Ende 2022 die Jahresausblicke von 107 Asset-Managern gelesen, insgesamt 1.507 Seiten, um sich und uns einen Überblick zu verschaffen – was sind die Erwartungen und die durch sie widergespiegelten Chancen und Risiken am Kapitalmarkt?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die überwiegende Mehrheit der Ausblicksverfasser damals davon ausgegangen ist, dass das erste Halbjahr kein sehr gutes, sondern eher ein sehr schlechtes werden würde für Aktionäre. Und angesichts der nach wie vor bestehenden Risikofaktoren (Inflation, Inflationsbekämpfung, Rezession, Krieg) klang das nur allzu plausibel für den geneigten Leser; auch wir sind vorsichtig gewesen. Erst im Verlauf des zweiten Halbjahres sei mit einer Erholung zu rechnen, mit „Kaufkursen“, hieß es weiter in den (allermeisten) Berichten. Es ist anders gekommen, wie wir alle wissen ...

Den Börsenlärm erkennen

Im Übrigen wissen auch die Prognosegeber über die begrenzte Aussagekraft ihrer Vorhersagen (bei den Wahrsagerinnen bin ich mir da ehrlicherweise nicht so sicher ...). Sie versuchen sich trotzdem daran, weil sie dafür bezahlt werden, so wie die Wahrsagerin auch. Nicht zuletzt gehen die Vorhersager davon aus, dass das Publikum genau das von ihnen erwartet – Prognosen. Licht ins Dunkel der Unwägbarkeiten bringen, sei es auch noch so schwach. Das hilft, Ängste zu überwinden.

Der Mensch sehnt sich nach Gewissheiten, auch wenn es die in Wahrheit gar nicht gibt. Das ist nachvollziehbar, kurz: menschlich. Ein guter Begleiter wird jedoch nicht müde werden, Sie an die begrenzte Aussagekraft des Prognosezirkus zu erinnern. Er wird Ihnen sagen, dass all die Vorhersagen mehr oder weniger schiefe Töne des täglichen Börsenlärms sind. Prognosen können mitunter amüsant, sollten aber niemals bindend sein und ihre Anlageentscheidungen beeinflussen.

"Der Mensch sehnt sich nach Gewissheiten, auch wenn es die in Wahrheit gar nicht gibt. Das ist nachvollziehbar, kurz: menschlich. Ein guter Begleiter wird jedoch nicht müde werden, Sie an die begrenzte Aussagekraft des Prognosezirkus zu erinnern."

Genauso wenig wie die Zukunftsvisionen, die der Wahrsagerin in ihren Karten erscheinen. Ein guter Begleiter wird Ihnen gut zureden, eben keine Angst zu haben, wenn einer der notorischen Untergangspropheten den nächsten großen Crash heraufziehen sieht; genauso muss niemand sofort sein Testament machen, wenn die Karten der Wahrsagerin Tod und Krankheit heraufbeschwören.

Das gehört dazu. Lassen Sie sich also nicht verrückt machen! Gehen wir weiter, zur großen Achterbahn. Die steht auf unserem imaginären Rummelplatz direkt neben der Bude der Wahrsagerin.

Steil geht es dort bergauf – und ebenso steil und rauschend bergab. Nichts für den schwachen Magen. An der Börse ist es manchmal nicht anders. Die Kurse schwanken, zuweilen kräftig. Nicht nur die von Aktien, auch die von Anleihen; die vergangenen 18 Monate haben das eindrucksvoll belegt. Die Frage ist: Wie viel davon, wie viel von diesen Schwankungen, von diesem Auf und Ab, können Sie persönlich vertragen? Was für ein Typ sind Sie? Bitte, seien Sie ehrlich zu sich.

Nicht den Helden spielen

Versuchen Sie besser nicht, den Helden zu spielen. Das gilt auf dem Rummel wie bei der Geldanlage. Es geht vielmehr darum, einen Weg zu finden, den Sie problemlos gehen können – eine Anlagestrategie und die dazugehörenden Produkte, die Sie gut schlafen lassen. Letztlich sind Kursschwankungen nicht per se ein Risiko und völlig normal. Das ist die gute Nachricht. Die weniger gute lautet: Nicht jeder kann sie aushalten, zumindest nicht die kräftigen Ausschläge.

"Letztlich sind Kursschwankungen nicht per se ein Risiko und völlig normal. Das ist die gute Nachricht. Die weniger gute lautet: Nicht jeder kann sie aushalten, zumindest nicht die kräftigen Ausschläge."

Ich bin seit rund 25 Jahren in der Finanzbranche tätig, einige Börsenkrisen inbegriffen, kleine wie große. Eines kann ich mit Gewissheit berichten: Wenn die großen Aktienindizes um 30, 40 oder gar 50 Prozent abrutschen, bleiben die wenigsten cool. Ich habe gestandene Anleger erlebt, Unternehmer, mit jahrzehntelanger Erfahrung; „Börsenhaudegen“, die panisch geworden sind und ihre Aktien nahe dem Tiefpunkt einer Krise, also zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, verkauft haben – weil sie es schlicht nicht mehr ausgehalten haben.

Weil es ihnen, im wahrsten Sinne des Wortes, Schmerzen bereitet hat. Sie nicht mehr schlafen konnten. Je tiefer die Aktienkurse fallen, umso größer wird die Angst der Anleger, dass es noch weiter bergab geht. Und weiter. Und weiter. Irgendwann herrscht Panik – und die allermeisten geben auf.

Ich werde oft gefragt, was die beste Möglichkeit ist zu investieren: Direkt in Aktien oder Anleihen? Über aktiv gemanagte Fonds? Oder besser über einen börsengehandelten Indexfonds, kurz: ETF. Meine Antwort ist stets die gleiche: Es kommt darauf an.

Wenn sie Spaß daran haben, Unternehmen und deren Geschäftsmodelle zu analysieren, sich damit sehr gut auskennen und vor allem sehr viel Zeit darauf verwenden können – dann sind Einzeltitel das richtige für Sie – Hut ab! Ich würde aber vermuten, dass die wenigsten das seriös hinbekommen. Ich würde es mir jedenfalls nicht zutrauen.

Ruhig schlafen können

Bei ETFs dagegen ist der Aufwand begrenzt. Über einen Index investieren Anleger in viele verschiedene Unternehmen. Um die Auswahl müssen sie sich nicht kümmern. ETFs sind ein sehr gutes, obendrein günstiges Instrument, um Geld vergleichsweise „breit“ zu investieren. Jetzt kommt das „Aber“: Auch sie sind nicht für jedermann geeignet – weil sie eine hohe Schwankungstoleranz der Anleger voraussetzen.

Ein Index bildet bestimmte Märkte ab, in guten, aber auch in schlechten Zeiten. Also auch dann, wenn die Börse – wie eben beschrieben – ins Bodenlose abzurutschen droht und sich Panik breitmacht. Kracht der Aktienmarkt um 30 Prozent nach unten, dann kracht auch der ETF, der ihn abbildet, um 30 Prozent in die Tiefe. Und die Wahrscheinlichkeit, dass Anleger die Reißleine ziehen – heutzutage genügen ein oder zwei Mausklicks beim Online-Broker –, wächst mit jedem weiteren Punkt, den der Index verliert. Das muss man aushalten können. Wer cool bleibt, also wirklich cool, und einen langfristigen Anlagehorizont hat, für den sind ETFs das richtige Instrument.

Die weniger „Coolen“, zu denen ich mich zähle, sollten besser auf die aktiv gemanagten Fonds schauen, die guten aktiv gemanagten. Die sind zwar teurer als ETFs, und schneiden langfristig nicht unbedingt besser ab, aber sie schonen die Nerven in Phasen, in denen gute Nerven gefragt sind, eben weil sie – anders als die ETFs – nicht alle Unternehmen in einen Korb werfen, sondern versuchen, die guten Geschäftsmodelle auszuwählen und die weniger guten, die anfälligen meiden. Und wenn es kracht, kracht es dort in der Regel nicht ganz so schlimm.

Ich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Ich schlafe gut. Für mich persönlich ist ein guter Multi-Asset-Fonds wie ein guter Rummelplatz-Begleiter: Er wählt die Fahrgeschäfte für mich aus, die zu mir passen.

Eines ist aber auch klar: Kursschwankungen gehören an der Börse dazu, so wie das Auf und Ab der Achterbahn. Sie sind langfristig der Preis für die Rendite, die Sie erzielen (möchten). Sie müssen herausfinden, wie viel davon Sie ertragen können. Ein guter Berater wird Ihnen dabei helfen. Er wird vor allem versuchen, Sie davon abzuhalten, Dinge zu tun, die nicht zu Ihnen passen. Sie müssen nicht in jede Achterbahn steigen.

Der Beitrag stammt aus dem Magazin „Position“, das Sie hier kostenfrei abonnieren können.

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