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„Indien entwickelt sich rasant“

Chinas Wirtschaft schwächelt, für Indien ist das auch eine Chance. Ein Interview mit Fondsmanager Michael Altintzoglou über die Perspektiven für Anleger.

Herr Altintzoglou, Sie verwalten ein Portfolio mit Aktien aus den Emerging Markets. Wie ist zurzeit die Stimmung an den Wachstumsmärkten?

Das lässt sich pauschal leider nicht sagen, die Kulturen sind doch sehr unterschiedlich, ebenso die Märkte und Volkswirtschaften. Nehmen wir China. Hier gab es im Mai am Aktienmarkt weitere, deutliche Kursrückgänge. Die wirtschaftliche Erholung verläuft weniger dynamisch als erwartet. Viele Verbraucher halten sich mit Konsumausgaben zurück und erhöhen stattdessen ihre Sparquote. Die Weltpolitik spielt natürlich auch eine Rolle: Die Beziehungen zwischen den USA und China markieren einen Tiefpunkt und sind ein ernsthafter Belastungsfaktor für den Aktienmarkt.

Sie waren gerade in Indien. Wie ist Ihr Eindruck von diesem Land?

Wir besuchen regelmäßig die Unternehmen, in die wir investieren möchten. Unsere Gespräche verliefen sehr positiv. Indien hat in den vergangenen Jahren einige spürbare Fortschritte erzielt.

Geben Sie uns einige Beispiele.

In Indien leben 1,4 Milliarden Menschen, das sind mehr als in China. Die Altersstruktur und die wachsende Erwerbsbevölkerung sind sehr vorteilhaft. Das Durchschnittsalter liegt im Median bei rund 28 Jahren. Ein demographisches Problem wie in China sehen wir in der Zukunft nicht. Indien ist vor Großbritannien mittlerweile die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt, laut Internationalem Währungsfonds könnte es in fünf Jahren Platz drei erreichen.

Kommt der wirtschaftliche Aufschwung bei den Menschen an?

In der Breite noch nicht. Pro Kopf liegt das Bruttoinlandsprodukt mit 2.500 US-Dollar weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. Die Tendenz ist aber steigend.

Wird das Land für den Westen als Wirtschaftspartner in Zukunft interessanter?

Davon gehen wir aus. Hier muss man aber unterscheiden. Als Absatzmarkt für höherpreisige Produkte spiel Indien eher noch eine untergeordnete Rolle. Als Produktionsstandort gewinnt Indien aber als Ergänzung zu China immer mehr an Bedeutung. Im vergangenen Jahr wurden schätzungsweise 6,5 Millionen von gut 200 Millionen iPhones in Indien produziert. Im nächsten Jahr könnten es bereits 15 Millionen Einheiten sein. Neben dem Auftragsfertiger Foxconn siedeln sich auch immer mehr Zulieferer dort an. Dies gilt auch für Unternehmen aus den Bereichen Spezialchemie, IT-Hardware, Elektronik-, Auto- und Pharmaindustrie.

Kann Indien China in Zukunft als weltweit führender Produktionsstandort ablösen?

Das ist ein weiter Weg. Bislang ist Indien vor allem eine Ergänzung zu China und wird auf absehbare Zeit keine Alternative darstellen. Das Land profitiert jedoch stark davon, dass immer mehr Unternehmen ihre Lieferketten diversifizieren möchten. Außerdem locken finanzielle Anreize der indischen Regierung, die auch damit anstrebt, dass die heimische Wirtschaft den Anteil von lokal produzierten Waren erhöhen und die Wertschöpfungstiefe verbessern soll.

In Indien gibt es aber einen immensen Investitionsbedarf.

Das stimmt. Aber es ist schon beachtlich, wie sich das Land entwickelt. Vor allem im Vergleich zum Stand vor fünf oder sechs Jahren. Jährlich werden gut 12.000 Kilometer an neuen Autobahnen gebaut. Zum Vergleich: Dies entspricht der Länge des gesamten deutschen Autobahnnetzes. In die Infrastruktur sollen zudem in den nächsten Jahren umgerechnet weitere 1,4 Billionen US-Dollar investiert werden. Seit Premierminister Narendra Modi im Amt ist, wurden 74 neue Flughäfen in Betrieb genommen. In den vergangenen neun Jahren wurden genauso viele Flughäfen gebaut wie in den 65 Jahren zuvor.

Gleichfalls steigen aber die Staatsschulden.

Im laufenden Fiskaljahr soll das Investitionsprogramm des Staates etwa 120 Milliarden US-Dollar kosten. Das entspricht rund 3,3 Prozent des BIP, was einen historischen Rekordwert darstellt. Es gibt zu vielen westlichen Ländern aber einen Unterschied: Das Haushaltsdefizit wird vor allem für Infrastrukturinvestitionen verwendet. Es wird in die Zukunft investiert und nicht für staatliche Transferzahlungen an die Bevölkerung verwendet.

Spiegelt sich diese Entwicklung auch am Aktienmarkt?

Die Kursbewegungen an den regionalen Aktienmärkten laufen nicht linear zur wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes. Und in letzter Zeit gab es einigen Gegenwind, etwa wegen steigender US-Zinsen und einer gestiegenen Risikoaversion gegenüber Emerging-Markets-Aktien. Zudem gab es Shortseller-Vorwürfe gegen die indische Unternehmensgruppe Adani, um nur einige Beispiele zu nennen.

Die entsprechenden Indizes zeigten sich zuletzt aber widerstandsfähig.

Aktuell notiert der indische Aktienindex Nifty 50 bei rund 18.500 Punkten und rangiert nur etwa zwei Prozent unter seinem Allzeithoch. Doch in den vergangenen anderthalb Jahren ging es per Saldo nur seitwärts. Durch das kräftige Gewinnwachstum ist die Bewertung vieler Aktien zuletzt aber deutlich attraktiver geworden. Der Markt handelt aktuell auf dem 18-fachen der für die nächsten 12 Monate erwarteten Unternehmensgewinne und liegt damit ziemlich genau auf dem durchschnittlichen Niveau der vergangenen zehn Jahre.

Glauben Sie, dass Indien nicht mehr so abhängig von ausländischen Investoren ist wie es zu früheren Zeiten war?

Ja. Neben den makroökonomischen Verbesserungen und den positiven Aussichten für das Gewinnwachstum gibt es eine stetig wachsende lokale Investorenbasis. Diese häufig recht konstanten Mittelzuflüsse sind ein stabilisierender Faktor. Ein gutes Beispiel ist etwa der sogenannte „Systemic Investment Plan“, wobei ein gewisser Anteil des laufenden Monatseinkommens der Arbeitnehmer automatisch in Investmentfonds angelegt wird. Die daraus resultierenden Mittelaufkommen entsprechen mittlerweile mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar pro Monat.

Ihre Bilanz zu Indien fällt positiv aus. Lohnt es sich, hier einen größeren Anteil des Vermögens zu investieren?

So einfach funktioniert Geldanlage leider nicht. Anleger sollten sich, das ist zumindest unsere Überzeugung, vor allem auf gute Unternehmen fokussieren. Die gibt es in vielen Ländern, eben auch in Indien. Wir bevorzugen Qualitätsaktien von Unternehmen mit soliden Bilanzen und attraktiven Geschäftsmodellen, die auch in Zukunft attraktive und berechenbare Erträge erwarten lassen. Letztlich gilt der Grundsatz: Nicht alle Eier in einen Korb zu legen. In einem Portfolio sollten nicht alle Aktien aus den USA oder Deutschland kommen. Gleichfalls sollte man auch nicht alles auf einzelne Wachstumsmärkte setzen.

Vielen Dank für das Gespräch! 

 

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