Die Zinswende ist vollzogen. Investoren haben das schon längst eingepreist. Wie stellen sich jetzt die Anleger auf?Ein neuer Teil unserer Rubrik: Bonds in the Spotlight.
Die Notenbanken sind die Taktgeber der Zinsmärkte. Investoren verfolgen jede Entscheidung (und jede Ansage) der geldpolitischen Entscheidungsträger daher sehr genau. In den vergangenen Monaten gab es einige Bewegungen. So befinden sich die beiden großen westlichen Zentralbanken nun im Zinssenkungsmodus. Die Inflationssorgen rückten in den Hintergrund und traten hinter das Thema Wachstum zurück. Aber es gibt einen großen Unterschied.
Jerome Powell von der US-Notenbank Fed kann die Zinsen senken, da es ihm die kontrolliert abgesenkten Inflationsdaten der vergangenen Monate ermöglichen. Das Inflationsziel ist für den Moment fast vollständig erreicht. Die geldpolitische Realrendite – die man als Differenz zwischen Inflation und den gesetzten Zinsvorgaben der Fed verstehen kann – muss nicht mehr bei restriktiven drei Prozent verweilen. Die US-Amerikaner haben einen gewissen Spielraum für Zinssenkungen und nutzen ihn auch – ganz im Sinne ihres dualen Mandats, das neben der Inflation auch die Entwicklung am Arbeitsmarkt umfasst.
Anders in Europa. Christine Lagarde muss im Fall der Fälle die Zinsen senken, um den Entwicklungen nicht hinterherzulaufen. Die Wachstumsaussichten, vor allem im verarbeitenden Gewerbe sehen derzeit alles andere als rosig aus. Nicht nur in Deutschland knarzt es wirtschaftlich an vielen Ecken. Hinzu kommen komplexe politische Konstellationen wie etwa in Frankreich. Allianzen für mehr Wachstum und fiskalische Disziplin lassen sich in vielen Teilen Europas aktuell nur schwer bilden. Gleichzeitig ist die europäische Lohnentwicklung auf Grund ihres strukturellen Nachlaufs langlaufender Tarifverträge noch zu hoch, um endgültig mit Blick auf die Inflation Entwarnung zu geben.
Was bedeutet diese Ausgangslage für den (längerfristigen) Kapitalmarkt? Wie so oft ist der Markt schon weiter als die (Geld-) Politik. In den USA haben die Investoren den jüngsten Zinsschritt bereits abgehakt. Mit der Zinssenkung und dem verschobenen Fokus der Federal Reserve (Fed) fanden die Kapitalmarktzinsen ihr vorübergehendes Tief und begannen danach wieder zu steigen.
Man kann dies als „Sell-the-Fact“-Reaktion abtun – oder eine tiefere Logik erkennen. Die US-Notenbank hat die Wende vollzogen, als sich die Inflation lediglich nahe an das Zwei-Prozent-Ziel herangearbeitet hatte, sich die Konjunktur aber weiterhin robust zeigte. Diesen Schritt kann man so werten, dass das Inflationsziel von zwei Prozent für die Fed eher die Untergrenze als einen Mittelwert (oder gar die Obergrenze) darstellt.
Gerade weil Jerome Powell das Argument vorbrachte, man müsse den Arbeitsmarkt bereits stützen, wenn er noch stark ist und nicht erst auf Schwäche warten. Dieser konjunkturfreundliche Kurswechsel führte unmittelbar dazu, dass die mittel- bis längerfristigen Wachstumshoffnungen und Inflationserwartungen wieder anzogen und somit auch die längerfristigen Zinsen nach oben schoben.
Zudem veränderte sich im Anschluss an den Kurswechsel auch das Marktnarrativ. Als „nach dem Zinsschritt ist vor den Wahlen“ könnte man diesen Wechsel des Narrativs wohl bezeichnen. Die jüngsten Konjunkturdaten zeigten sich weiter konstruktiv, womit ein rezessionsbedingter, tiefer Fall der Inflation wohl ausbleiben dürfte. Ein dramatischer Aktionismus seitens der Fed deutet sich vorerst vor diesem Hintergrund wohl erstmal nicht an.
Der Markt wendet sich daher nun den US-Wahlen zu und somit einem strukturelleren Problem. Dem konstant hohen fiskalischen Stimulus in den USA, ablesbar am hohen Staatsdefizit von mehr als fünf Prozent über viele Jahre. Nicht nur während der Covid-19-Zeit oder unter der Trump-Administration, sondern auch im zuletzt eher ruhigeren Fahrwasser und der Biden-Administration.
Defizite führen am Markt früher oder später zu einem hohen Nettoangebot neuer Staatsanleihen. Und dieses über Jahre chronisch hohe Defizit macht den Marktteilnehmern zunehmend Sorgen. Gerade dann, wenn sich Befürchtungen einer weiteren Trump-Administration mit hohen fiskalischen Impulsen bewahrheiten, und dieses Defizit sich noch weiter ausweiten und verstetigen könnte.
In Europa ist die Situation, eine andere. Die bisher vorsichtige Vorgehensweise vor dem Hintergrund der dauerhaft schwachen Konjunktur, insbesondere in den Kernländern der Eurozone, bringt die Europäische Zentralbank (EZB) in Zugzwang. Denn ansonsten droht der EZB, den Entwicklungen hinterherzulaufen. Da die EZB das verbliebene Risiko für die Inflation vor allem in der Lohnentwicklung sieht, sollte man hierauf ein Augenmerk haben.
Ob die hohen Lohnabschlüsse der jüngeren Vergangenheit sich nach vorne fortschreiben lassen, ist schwer zu sagen. Die Forderungen der Arbeitnehmer, vergangene Reallohnverluste nun aufholen zu müssen, klingen nachvollziehbar, treffen aber in der aktuellen Konjunkturlage auf einen zunehmend schwachen Arbeitsmarkt. Die Verhandlungsmacht hat sich in den vergangenen Monaten etwas zu Gunsten der Arbeitgeber verschoben.
• Offensive Duration: In einem unserer Anleihefonds, dem Flossbach von Storch - Bond Opportunities setzen wir aktuell (weiterhin) auf eine offensive Duration. Diese Kennzahl bildet die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer von Anleihen in einem Portfolio ab. Auch wenn die USA derzeit in einer anderen Liga spielt, ist das Wachstum in den beiden anderen großen Wirtschaftsräumen Europa und China deutlich angeschlagen. In Europa geht die Inflation in der Tendenz zurück und China versucht sein Glück über aggressive Exporte, womit aber auch Deflationskräfte in die Welt exportiert werden. Die US-Duration haben wir reduziert und diversifiziert. Auch eine Diversifikation der US-Duration hin zu Alternativen aus Ländern wie Australien, Neuseeland oder Kanada mag in Zukunft (abhängig von der kommenden Datenlage) angezeigt sein.
• Verwendung von Puffern: Zwar haben fast alle Zentralbanken ihre Zinswenden eingeleitet, aber gerade das lange Ende, also der längere Laufzeitbereich, ist in vielen Märkten anfällig für die fehlende Fiskaldisziplin der Regierungen (Überangebot von Staatsanleihen) und einem nachlassenden Druck der Zentralbanken in Sachen Inflationsbekämpfung. Daher sind wir gegenüber dem Gesamtmarkt in diesem Laufzeitbereich eher unterrepräsentiert. Trotzdem sind wir vorsichtig. Wir allokieren derzeit bei Langläufern nahezu ausschließlich Papiere, die einen gewissen Puffer gegen Zinsanstiege bieten. Dazu zählen etwa hochwertige Unternehmensanleihen und Pfandbriefe, die über die Renditeaufschläge und die laufende Verzinsung puffern können. Außerdem inflationsgeschützte Papiere, die einen technischen Schutz gegen einen der Gründe steigender Langfristverzinsung bieten. Gleichzeitig sichert man sich mit inflationsgeschützten Anleihen letztendlich Realrenditen.
• Hohe Qualität: Es hat sich im vergangenen Quartal gezeigt, dass bei der aktuellen Konstellation der Risikoprämien verschiedener Risikocluster, ein Fokus auf Qualität Sinn macht. Der Nachteil der derzeit nur geringen Renditeunterschiede wird durch die Fähigkeit kompensiert, umschichten zu können. Die jüngere Vergangenheit zeigte, dass Datenlagen und Narrative schnell wechseln oder vorübergehende große wie kleine Schocks entstehen können. Hier möchten wir liquide und handlungsfähig bleiben – um die jeweiligen Chancen flexibel nutzen zu können.
Das ist natürlich nur eine Momentaufnahme. Wir setzen auf eine sehr aktive und flexible Anlagestrategie. Nur so lassen sich alle Chancen nutzen, die die Anleihemärkte bieten (und die Risiken gleichfalls ausbalancieren). Die Zusammensetzung des Portfolios kann sich daher kurzfristig ändern.
Die Serie „Bonds in the Spotlight” erscheint regelmäßig auf unserer Internetseite – immer dann, wenn in der Geldpolitik oder an den Anleihemärkten etwas Relevantes passiert. Die Autoren arbeiten im Bond-Team von Flossbach von Storch. So erhalten Sie Ihre Informationen direkt aus erster Hand.
Ein umfangreiches Glossar zu Themen und Begriffen finden Sie auf http://www.flossbachvonstorch.de/de/finanzwissen/glossar/
Die mit dem Flossbach von Storch - Bond Opportunities verbundenen Chancen und Risiken sowie Informationen zu den Kosten entnehmen Sie bitte den Fondsdetails.
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