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Geldanlage
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Comeback der Anleihe

- Dr. Bert Flossbach

Anlegerinnen und Anleger beginnen, sich auf eine längere Phase höherer Zinsen einzustellen. Die Mitglieder der US-Notenbank erwarten in ihren Projektionen aus dem September, dass die Leitzinsen bis Ende 2024 auf einem Niveau von über fünf Prozent verharren.

Dahinter steht die Annahme, dass das inzwischen erreichte Zinsniveau noch Zeit braucht, um seine bremsende Wirkung auf die Wirtschaft und Inflation zu entfalten. Dies würde für eine Abkühlung der globalen Wirtschaft sprechen, da ähnliche Effekte in Europa zu erwarten sind und auch Chinas Wirtschaft deutlich langsamer wächst. Hinzu kommt, dass steigende Zinsen den Spielraum für Konsumausgaben und Investitionen senken.

Umso bemerkenswerter war der starke Anstieg der Renditen langlaufender Anleihen, die normalerweise fallen, wenn sich die Aussichten für die Wirtschaft eintrüben. Offensichtlich erwarten immer mehr Anleger, dass ein Konjunkturabschwung nicht zwangsläufig auch zu einem deutlichen Rückgang der Inflation führen muss, weshalb sie für längere Laufzeiten wieder höhere Zinsen verlangen. Die inverse Zinsstrukturkurve (kurze Laufzeiten weisen höhere Renditen als lange auf) hat sich zuletzt fast wieder „normalisiert“.

US-Staatsanleihen bieten real positive Renditen

Damit hat sich auch das Ertrags-Risiko-Verhältnis langlaufender Anleihen verbessert. Zehnjährige US-Staatspapiere rentieren mit knapp fünf Prozent so hoch wie seit 2007 nicht mehr, und auch die inflationsgeschützte Variante bietet mit 2,4 Prozent eine attraktive Realverzinsung. In der Eurozone sieht die Anleihewelt noch nicht so attraktiv aus, jedenfalls nicht bei sicheren Staatsanleihen.

Zwar hat die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen zuletzt fast drei Prozent erreicht, aber ob damit die Inflation der nächsten Jahre geschlagen werden kann, ist fraglich. Dies ist mit zehnjährigen inflationsgeschützten „Bunds“ zwar wieder möglich, doch ist der Realzins von 0,5 Prozent verglichen mit früheren Zeiten oder US-Bonds eher bescheiden.

Die im Vergleich zu Euro-Staatsanleihen hohe Rendite von US-Staatspapieren ist insofern bemerkenswert, als dass die Inflation in den USA seit mehr als 15 Monaten niedriger ist als in der Eurozone.

Es kommt nicht nur auf die Zinsen an

Anleger aus der Eurozone müssen bei einem Engagement in US-Anleihen aber das Währungsrisiko bedenken, wobei eine nachhaltige Dollarschwäche wohl eher unwahrscheinlich erscheint. Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat im Vergleich zur Europäischen Zentralbank (EZB) mehr Spielraum bei der Inflationsbekämpfung, da sie keine Rücksicht auf die unterschiedlichen Belange verschiedener Länder einer Gemeinschaftswährung nehmen muss.

Hinzu kommt, dass im Euroraum die Abhängigkeit von Rohstoff- und Energieimporten sowie die demografische Entwicklung eher für eine strukturell höhere Inflation als in den USA sprechen. Die politische Entwicklung ist zwar mit großen Unwägbarkeiten behaftet, dies gilt aber in gleichem Maße für Europa wie für die USA.

Ähnlich hohe Renditen wie in den USA gibt es inzwischen auch bei einigen Staatsanleihen in der Eurozone. Italienische Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit (BTPs) rentieren aktuell bei fast fünf Prozent. Ihre inflationsgeschützten Schwestern bieten eine Realrendite von etwa 2,7 Prozent. Die hohen italienischen Renditen spiegeln die Risiken der hohen Verschuldung und wachsender Haushaltsdefizite Italiens wider.

Rückendeckung von der Notenbank

Die Attraktivität italienischer Anleihen hängt letzten Endes an der Gültigkeit des vom ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi gemachten Beistandsversprechens, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten. Dazu zählt zwangsläufig auch die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit Italiens, das mit fast 2.900 Milliarden Euro den zweithöchsten Schuldenberg der Eurozone hat und dafür schon heute circa 90 Milliarden Euro an Zinsen zahlen muss.

Theoretisch könnte die EZB mit ihrem im Volumen unbegrenzten TPI-Programm (Transmission Protection Instrument) jeden Brand in der Eurozone löschen.

Sollten die Renditen in Italien wieder das Krisenniveau von 2011 bis 2012 erreichen (damals waren es sechs bis sieben Prozent), ist zu erwarten, dass die EZB verbal oder mit massiven Anleihekäufen eingreift, um die Renditen wieder zu drücken.

Auch außerhalb Italiens gibt es wieder Möglichkeiten, mit Anleihen einen realen Wertzuwachs zu erzielen. Bei inflationsgeschützten Bonds ist dieser per Endfälligkeit sogar garantiert. Dennoch bergen auch sie Kursrisiken, sollte sich der Renditeanstieg weiter fortsetzen.

Insgesamt offerieren die gestiegenen Anleiherenditen erstmals wieder planbare Erträge, die zumindest in einzelnen Marktsegmenten lohnend erscheinen, aber abgesehen von „Bubills“ (sehr kurzlaufenden Bundesanleihen) nicht risikolos sind.

 

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